Vorwort
[1] Für die Statusbeurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern, Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie Geschäftsführern einer Familien-GmbH gelten die gleichen Grundsätze, die auch allgemein für die versicherungsrechtliche Beurteilung einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt maßgebend sind. Die Gesamtbetrachtung hat jedoch zudem unter Berücksichtigung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und der gesellschaftsrechtlichen Regelungen/Vereinbarungen zu erfolgen und bereitet häufig Schwierigkeiten.
[2] Begrifflich sind o. g. Personengruppen wie folgt zu unterscheiden:
- Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH sind am Kapital der Gesellschaft beteiligte Personen, die zugleich als Geschäftsführer bestellt sind.
- Fremdgeschäftsführer einer GmbH sind Personen, die als Geschäftsführer fungieren, aber nicht gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sind, das heißt nicht an deren Kapital beteiligt sind.
- Mitarbeitende Gesellschafter sind am Kapital der Gesellschaft beteiligte Personen, die in der GmbH mitarbeiten, aber nicht zu Geschäftsführern bestellt sind.
- Geschäftsführer einer Familien-GmbH sind Personen, die als Geschäftsführer ohne eigene Kapitalbeteiligung an der GmbH ihrer Familie bestellt sind. Sie unterscheiden sich aber bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung nicht (mehr) von den echten“ Fremdgeschäftsführern. Sie sind in einem fremden und nicht im eigenen Betrieb tätig. Alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin ist die GmbH als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit, die unabhängig von den als Gesellschafter dahinter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (35, 36, 37, 38).
[3] Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine in einer GmbH tätige Person zugleich Gesellschafter der GmbH ist. Auch Gesellschafter-Geschäftsführer und mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH können daher in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen.
1. Allgemeines
[1] Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
[2] Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist; ständige Recht...