[1] Für Mitglieder, die vor Inkrafttreten der erstmaligen Erhebung eines Zusatzbeitrages oder der Erhöhung eines bereits erhobenen Zusatzbeitragssatzes kündigen, und aufgrund der zum Ende der Kündigungsfrist erfüllten Bindungsfrist ein reguläres Kündigungsrecht haben, ergeben sich keine Besonderheiten für das Kündigungsverfahren.

[2] Für Mitglieder, die vor Inkrafttreten der erstmaligen Erhebung eines Zusatzbeitrages oder der Erhöhung eines bereits erhobenen Zusatzbeitragssatzes kündigen, aber aufgrund der zum Ende der Kündigungsfrist nicht erfüllten Bindungsfrist kein reguläres Kündigungsrecht haben, stellt sich die Frage der Bestimmung des frühesten möglichen Beginns der Kündigungsfrist. Hierfür gilt folgender Grundsatz: Voraussetzung für die Wirksamkeit einer vor Inkrafttreten der erstmaligen Erhebung eines Zusatzbeitrages bzw. der Erhöhung eines Zusatzbeitragssatzes im Rahmen des Sonderkündigungsrechts abgegebenen Kündigung ist grundsätzlich, dass eine öffentliche Bekanntmachung der Satzung erfolgt ist.

[3] Somit steht den Mitgliedern, die nach der öffentlichen Bekanntmachung, aber noch vor dem Inkrafttreten einer entsprechenden Satzungsänderung kündigen, bereits ein Sonderkündigungsrecht ohne Einhaltung der grundsätzlich bestehenden 12-monatigen Bindungsfrist sowie der Mindestbindungsfrist für Wahltarife (vgl. § 53 Abs. 1, 2, 4 und 5 SGB V) zu. Die in diesem Zeitraum ausgesprochenen Kündigungen werden daher zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats wirksam, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt.

Beispiel 1:

12-monatige Bindungsfrist erfüllt am 30.6.2023
Kündigung am 14.12.2022
Gewünschtes Ende der Mitgliedschaft am 28.2.2023
Öffentliche Bekanntmachung der Satzungsänderung am 9.12.2022
Erhöhung eines Zusatzbeitragssatzes ab 1.1.2023
Beurteilung:
Die Mitgliedschaft endet am 28.2.2023

[4] Für Mitglieder, die kurz vor der öffentlichen Bekanntmachung der Satzungsänderung kündigen, wäre eine verfrüht abgegebene Kündigung grundsätzlich abzulehnen und das Mitglied auf die genannten Voraussetzungen hinzuweisen. Allerdings ist es vertretbar, wenn die Krankenkasse die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzungsänderung bereits vor diesem Zeitpunkt erklärten Kündigungen dieser Art als Sonderkündigungen nach den Grundsätzen des § 140 BGB umdeutet. Dies bedeutet, dass eine verfrüht abgegebene Kündigung auf den nächsten Kündigungstermin umgewidmet wird. In der Folge beginnt die Kündigungsfrist dann mit dem Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung der Satzungsänderung.

[5] Von einem engen zeitlichen Zusammenhang ist in Anlehnung an die Frist des § 175 Abs. 2 Satz 2 SGB V auszugehen, wenn die öffentliche Bekanntmachung der Satzungsänderung innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung erfolgt.

Beispiel 2:

12-monatige Bindungsfrist erfüllt am 30.6.2023
Kündigung am 14.12.2022
Gewünschtes Ende der Mitgliedschaft am 28.2.2023
Öffentliche Bekanntmachung der Satzungsänderung am 21.12.2022
Erhöhung eines Zusatzbeitragssatzes ab 1.1.2023
Beurteilung:
Umdeutung der Kündigung auf 21.12.2022
Die Mitgliedschaft endet am 28.2.2023

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