1.1 Voraussetzungen der Versicherungspflicht
[1] Versicherungspflichtig nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI und § 26 Abs. 2b SGB III sind Personen in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen i.S.d. § 14 SGB XI mit mindestens Pflegerad 2 nicht erwerbsmäßig wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder der privaten Pflegepflichtversicherung hat. Dies gilt auch, wenn die Mindestpflegestundenzahl bzw. die Mindestanzahl an Pflegetagen nur durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger (nachfolgend "Additionspflege") erreicht wird. Sofern der Mindestpflegeumfang von zehn Stunden an mindestens zwei Tagen in der Woche bereits durch die Pflege eines Pflegebedürftigen erreicht wird, erstreckt sich die Versicherungspflicht auch auf daneben in geringerem Umfang ausgeübte Pflegetätigkeiten, soweit diese die weiteren Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllen.
[2] In der Arbeitslosenversicherung tritt Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2b SGB III zudem nur dann ein, wenn die Pflegeperson unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit, die mindestens zehn Stunden verteilt auf mindestens zwei Tage in der Woche ausgeübt wird, arbeitslosenversicherungspflichtig war oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung hatte. Zu den Vorversicherungszeiten zählen auch Zeiten der Antragspflichtversicherung nach § 28a SGB III. "Unmittelbarkeit" liegt vor, wenn zwischen dem Ende der Vorversicherung bzw. des Anspruchs auf Entgeltersatzleistungen und dem Beginn der Pflegetätigkeit nicht mehr als ein Monat liegt. Darüber hinaus darf nach § 26 Abs. 3 Satz 5 SGB III keine Arbeitslosenversicherungspflicht nach anderen Vorschriften oder Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bestehen.
[3] Die Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung kommt beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kraft Gesetzes zustande. Sie besteht bei der Erfüllung der Voraussetzungen in jeder einzelnen Pflegetätigkeit (z.B. zwei Pflegetätigkeiten mit jeweils zehn Stunden verteilt auf mindestens zwei Tage), nur in einzelnen Pflegetätigkeiten (z.B. eine Pflegetätigkeit mit zehn Stunden und eine Pflegetätigkeit mit fünf Stunden verteilt auf mindestens zwei Tage) oder nur in der Summe gleichzeitig ausgeübter Pflegetätigkeiten (z.B. zwei Pflegetätigkeiten mit jeweils fünf Stunden verteilt auf mindestens zwei Tage) einheitlich für alle Pflegetätigkeiten. Das heißt unabhängig davon, mit welcher Anzahl an Pflegetätigkeiten die Voraussetzungen von zehn Stunden Pflege wöchentlich, verteilt auf zwei Tage, erfüllt werden, kann nunmehr auch in der Rentenversicherung, keine Mehrfachversicherung aufgrund nicht erwerbsmäßiger Pflege mehr vorliegen.
[4] Eines Antrags bedarf es für den Eintritt der Versicherungspflicht nicht. Den von den Pflegekassen oder privaten Versicherungsunternehmen in der Regel verwendeten "Fragebögen zur Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen" kommt daher grundsätzlich keine rechtsbegründende Bedeutung zu. Sie dienen in erster Linie dazu, die für die Beurteilung oder Feststellung der Versicherungspflicht und für die Durchführung der Versicherung sowie die Beitragszahlung erforderlichen Angaben und Informationen zu erhalten. Pflegepersonen, für die eine Versicherung durchgeführt werden soll, haben nach § 60 SGB I eine Auskunfts- bzw. Mitwirkungspflicht gegenüber der Pflegekasse.
[5] Für die Durchführung der Rentenversicherung besteht nach § 196 Abs. 1 SGB VI zudem gegenüber dem Rentenversicherungsträger eine Auskunftspflicht.
[6] Der Eintritt der Versicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen bedarf grundsätzlich keiner Entscheidung durch den Rentenversicherungsträger bzw. die Agentur für Arbeit (vgl. auch Verfahrensbeschreibung zur Feststellung der Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen, Anhang I [GR v. 01.08.2016-I]). Die an die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht geknüpfte Beitragszahlung der Pflegekassen oder privaten Versicherungsunternehmen wird regelmäßig im Rahmen einfacher Verwaltungstätigkeit von den Pflegekassen bzw. privaten Versicherungsunternehmen durchgeführt.
1.1.1 Pflege eines Pflegebedürftigen
[1] Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI und § 26 Abs. 2b SGB III die Pflege eines Pflegebedürftigen oder mehrerer Pflegebedürftiger mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI.
[2] Pflegebedürftig sind nach § 14 SGB XI Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen in den Bereichen
- Mobilität,
- kognitive und kommunikative Fähigkeiten,
- Verhaltensweisen und psychische P...