(1) In begründeten Fällen haben Pflegekassen die Möglichkeit, den Leistungsbescheid über die Zuordnung zu einem Pflegegrad und die Bewilligung von Leistungen zu befristen. Auf diese Möglichkeit, den Leistungsbescheid mit einer Nebenbestimmung zu versehen (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X), wird in § 33 Abs. 1 Sätze 4 ff. SGB XI explizit hingewiesen. Dies ist insbesondere im Kontext mit der Zielsetzung des § 31 Abs. 1 SGB XI zu sehen, wonach in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob und ggf. welche Leistungen zur medizinischen Rehabilitation geeignet und zumutbar sind, um Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Stellt der MD oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter bzw. die von der Pflegekasse beauftragte Gutachterin im Rahmen der Pflegebegutachtung nach § 18b Abs. 2 SGB XI explizit fest, dass insbesondere durch Maßnahmen der Rehabilitation eine Verringerung der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten zu erwarten ist, hat er bzw. sie eine entsprechende Prognose und Empfehlung für eine Wiederholungsbegutachtung abzugeben. Auf dieser Grundlage hat die Pflegekasse darüber zu entscheiden (pflichtgemäßes Ermessen), ob ausreichende Anhaltspunkte für eine Befristung des Leistungsbescheides vorliegen. Die bloße Empfehlung eines Wiederholungstermins ist insoweit nicht ausreichend.
Eine versicherte Person wird aufgrund eines Motorradunfalls pflegebedürftig (Pflegegrad 2). Die Pflegebedürftigkeit resultiert aus den erheblichen unfallbedingten Bewegungseinschränkungen. Nach den Feststellungen des MD ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Bewegungseinschränkungen mit Hilfe medizinischer Rehabilitationsleistungen innerhalb von 15 Monaten zurückführbar sind, so dass sich der für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit maßgebende Hilfebedarf erheblich verändern wird. Mit dieser Prognose empfiehlt der MD eine Wiederholungsbegutachtung in 15 Monaten.
Ergebnis:
Die Pflegekasse befristet vor diesem Hintergrund den Bescheid über die Anerkennung des Pflegegrades 2.
(2) Die Befristung kann wiederholt ausgesprochen werden, darf insgesamt jedoch den Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten. Die versicherte Person sollte in dem mit einer Befristung versehenen Bescheid darauf hingewiesen werden, dass bei einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse auch während des Befristungszeitraums eine Änderung der bewilligten Leistungen möglich ist.
Die Pflegekasse hat rechtzeitig vor Ablauf der Befristung von Amts wegen tätig zu werden und den weiteren Leistungsanspruch zu prüfen, um eine nahtlose Fortsetzung der Pflegeleistungen sicherzustellen, ohne dass die pflegebedürftige Person einen neuen Antrag hierfür stellen muss.
Der explizite Hinweis in § 33 Abs. 1 Sätze 4 ff. SGB XI ist im Kontext der zum 1.7.2008 erweiterten Anforderungen an die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs im Rahmen der Pflegebegutachtung zu sehen (vgl. Ziffer 6 zu § 18c SGB XI, Ziffer 1 zu § 31 SGB XI). Vor diesem Hintergrund war nicht beabsichtigt, die Bewilligungspraxis der Pflegekassen rückwirkend zu überprüfen. Von der Regelung sind von daher bis zum 30.6.2008 getroffene Entscheidungen der Pflegekassen ausgenommen.
Für die Dauer der Befristung gelten die Regelungen des § 140 Abs. 2 SGB XI mit der Folge, dass pflegebedürftige Personen zum 1.1.2017 von einer Pflegestufe in einen Pflegegrad übergeleitet werden. Nach Ablauf der Befristung ist die Pflegebedürftigkeit erneut zu prüfen.