[1] Für besondere Fallgestaltungen, in denen Leistungsentscheidungen kurzfristig erforderlich sind, um die Weiterversorgung zu organisieren oder ergänzende Ansprüche realisieren zu können, sieht die gesetzliche Regelung verkürzte Fristen für die Begutachtung des MD oder der von der Pflegekasse beauftragten Gutachterin oder des von der Pflegekasse beauftragten Gutachters vor. So ist die Begutachtung durch den MD oder der durch die Pflegekasse beauftragten Gutachterin oder des von der Pflegekasse beauftragten Gutachters in der Einrichtung unverzüglich, spätestens am fünften Arbeitstag nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen, wenn

  • sich die versicherte Person in einer Einrichtung (im Krankenhaus, in einer stationären Rehabilitationseinrichtung) befindet und Hinweise vorliegen, dass zur Sicherstellung der ambulanten oder stationären Weiterversorgung und Betreuung eine Begutachtung in der Einrichtung erforderlich ist, oder
  • die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem PflegeZG gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt wurde oder
  • mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG vereinbart wurde.

[2] Diese Frist kann in regionalen Vereinbarungen verkürzt werden. Befindet sich die versicherte Person in einem Hospiz oder wird ambulant palliativ versorgt, gilt ebenfalls die verkürzte Begutachtungsfrist von fünf Arbeitstagen.

[3] Allein der Aufenthalt in einem Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung rechtfertigt noch nicht die Anwendung der verkürzten Begutachtungsfrist. Es muss darüber hinaus als eigenständiges Tatbestandsmerkmal die besondere Dringlichkeit einer kurzfristigen Entscheidung erkennbar sein. Davon ist beispielsweise nicht auszugehen, wenn die Pflege im Anschluss an den Aufenthalt in einer Einrichtung (Krankenhaus, stationäre Rehabilitationseinrichtung) durch An- oder Zugehörige bzw. vergleichbar nahestehenden Personen sichergestellt ist.

[4] Darüber hinaus gilt für [korr.] antragstellende Personen, die im häuslichen Bereich gepflegt werden, ohne palliativ versorgt zu werden, eine Begutachtungsfrist von zehn Arbeitstagen nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse, wenn gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem PflegeZG angekündigt wurde oder mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG vereinbart wurde. In diesen Fällen ist es umso wichtiger, dass die Pflegekasse dem MD oder der von ihr beauftragten Gutachterin bzw. dem von ihr beauftragten Gutachter bei Eingang des Antrags oder aufgrund anderer vorliegender Hinweise die relevanten Unterlagen für die Durchführung der Begutachtung unverzüglich zur Verfügung stellt.

[5] In Fällen mit verkürzter Begutachtungsfrist muss zunächst nur die Feststellung getroffen werden, ob Pflegebedürftigkeit vorliegt. Liegt Pflegebedürftigkeit vor, ist darüber hinaus festzustellen, ob mindestens die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 erfüllt sind. Eine persönliche Untersuchung durch die Gutachterinnen bzw. Gutachter des MD bzw. unabhängige Gutachterinnen und Gutachter noch in der Einrichtung ist nicht erforderlich, soweit auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Unterlagen und den benannten Fremdbefunden

  • der aktuelle pflegerelevante Sachverhalt,
  • die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten,
  • die pflegebegründene Diagnose(n),
  • die Feststellung, ob Pflegebedürftigkeit vorliegt,

abzuleiten ist (vgl. Kapitel 6.1.4 BRi). Die abschließende Begutachtung ist unverzüglich nachzuholen und hat grundsätzlich im Wohnbereich der versicherten Person zu erfolgen.

[6] Nimmt die pflegebedürftige Person im unmittelbaren Anschluss an den Aufenthalt in einem Krankenhaus (einschließlich der Übergangspflege nach § 39e SGB V im Krankenhaus) oder im Anschluss an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme Kurzzeitpflege in Anspruch, hat die abschließende Begutachtung spätestens am zehnten Arbeitstag nach Beginn der Kurzzeitpflege in dieser Einrichtung zu erfolgen.

[7] Wurde im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes oder einer stationären Rehabilitationsmaßnahme kein Kurzgutachten nach Aktenlage, sondern ein vollständiges Gutachten nach körperlicher Untersuchung der antragstellenden Person durchgeführt und hat die Pflegekasse aufgrund des daraufhin erstellten Gutachtens einen Leistungsbescheid über die Zuerkennung eines Pflegegrades auf Dauer erteilt, bedarf es grundsätzlich keiner weiteren Begutachtung.

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