Siehe § 55 Abs. 1 bis 3 SGB V
1. Erhöhung der Festzuschüsse
Die Änderung in § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V zielt darauf ab, die Versicherten bei der Aufbringung ihres Eigenanteils zu entlasten. Dazu werden die befundorientierten Festzuschüsse mit Wirkung zum 1.10.2020 auf 60 % der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 5 und 6 SGB V vom G-BA festgesetzten Beträge für die zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen für die jeweilige Regelversorgung erhöht. Wenn sich der Versicherte während der letzten 5 Jahre bzw. während der letzten 10 Jahre wenigstens einmal in jedem Kalenderjahr hat zahnärztlich untersuchen lassen, erfolgt auch eine Anhebung auf 70 % bzw. 75 %.
2. Bonusregelung
[1] Die Bonusregelung zur Erhöhung der Festzuschüsse für Zahnersatz wird versichertenfreundlicher ausgestaltet. Demnach bleibt in begründeten Ausnahmefällen ein einmaliges Versäumen einer Vorsorgeuntersuchung nach § 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 und 2 SGB V folgenlos und wirkt sich auf die Erhöhung der Festzuschüsse nicht aus. Eine Vorgabe möglicher Ausnahmetatbestände erfolgt in der Vorschrift nicht. Beispielhaft können ein über einen längeren Zeitraum andauernder Auslandsaufenthalt oder eine akute, schwere Erkrankung angeführt werden, die das Versäumen nachvollziehbar erscheinen lassen. Ein entsprechender Nachweis ist der Krankenkasse vorzulegen.
[2] Es gilt zu beachten, dass sich die Neuregelung aufgrund des ausdrücklichen Bezugs auf § 55 Abs. 1 Satz 5 SGB V ausschließlich auf die zusätzliche Erhöhung der Festzuschüsse um weitere 5 % bezieht. Sollte die Zahnvorsorgeuntersuchung also in den letzten 5 Kalenderjahren vor Behandlungsbeginn versäumt worden sein, ist eine Erhöhung der Festzuschüsse ausgeschlossen. Folglich kann das Versäumen einer Zahnvorsorgeuntersuchung in den letzten 10 Jahren erst folgenlos bleiben, sofern für die letzten 5 Kalenderjahre vor Behandlungsbeginn ein lückenloser Nachweis erbracht werden kann.
[3] Ob die Krankenkasse den Ausnahmefall als begründet anerkennt, obliegt gemäß des Gesetzeswortlautes "kann" ihrem Ermessen. Bei ihrer Entscheidung soll die Krankenkasse die Umstände des Einzelfalles mit den wohlverstandenen Interessen der Versichertengemeinschaft abwägen.
3. Härtefallregelungen
Als Folge der Anhebung der Festzuschüsse war eine Anpassung der Härtefallregelung in § 55 Abs. 2 SGB V sowie der "gleitenden Härtefallregelung" nach § 55 Abs. 3 SGB V notwendig. Neben dem Festzuschuss in Höhe von nunmehr 60 % wird jeweils ein zusätzlicher Betrag in Höhe von bis zu 40 % von den Krankenkassen ersetzt. Dadurch werden weiterhin maximal die Kosten der jeweiligen Regelversorgung von den Krankenkassen übernommen.
4. Inkrafttreten
Die Neuregelungen treten zum 1.10.2020 in Kraft.
5. Übergangsfälle
[akt.] Bei der Bewilligung eines Heil- und Kostenplanes handelt es sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung insoweit um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, als sie den Versicherten für die Dauer von sechs Monaten die auf Versorgung mit Zahnersatz gerichtete vertragszahnärztliche Behandlung unter Inanspruchnahme eines Festzuschusses ermöglicht. Erfolgte die Bewilligung bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Regelung zur Erhöhung des Leistungsanspruches am 1.10.2020 und wird der Zahnersatz nach dem 30.9.2020, jedoch innerhalb der für die Eingliederung geltenden Sechsmonatsfrist eingegliedert, liegt für die Zeit ab 1.10.2020 eine wesentliche Änderung der dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse i.S.v. § 48 Abs. 1 SGB X vor, sodass dieser auf Antrag des Versicherten der neuen Rechtslage anzupassen ist (vgl. BE v. 17.9.2020, TOP 1).
6. Weitergehende Informationen
Derzeit ist geplant, weitere leistungsrechtliche Hinweise zum Umgang mit den Härtefallregelungen im Rahmen der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht rechtzeitig vor Inkrafttreten der gesetzlichen Änderung zu beraten und ein einheitliches Verfahren abzustimmen. Weitere offen gebliebene Umsetzungsfragen werden bei Bedarf in den routinemäßigen Besprechungen des GKV-Spitzenverbandes mit den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene beraten.