4.2.1 Versorgungskonstellation
[1] Die im Gesetz genannten Eingangsvoraussetzungen für Leistungen nach § 39c SGB V "wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit" werden weder in der gesetzlichen Vorschrift noch in der Gesetzesbegründung näher konkretisiert. Es ist deshalb davon auszugehen, dass diese Anforderungen an die Krankheit nicht isoliert, sondern nur in einer Gesamtbetrachtung mit den weiteren gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen zu bewerten sind. Danach kann der Leistungsanspruch gegeben sein, wenn aufgrund krankheitsbedingter Beeinträchtigungen, insbesondere in Folge einer stationären Krankenhausbehandlung, einer ambulanten Operation oder einer ambulanten Krankenhausbehandlung nach der Entlassung bzw. nach der Behandlung ein auch unter Hinzuziehung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V anderweitig nicht abzudeckender Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung besteht. Da es sich insoweit um keine abschließende Aufzählung maßgeblicher Anknüpfungssachverhalte handelt, sind auch die mit den genannten Leistungen vergleichbaren Fallkonstellationen (z. B. ambulante onkologische Chemotherapie) zu berücksichtigen. Voraussetzung für den Leistungsanspruch ist somit, dass krankheitsbedingte Beeinträchtigungen des Versicherten nach einer stationären Krankenhausbehandlung, einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung sowie in vergleichbaren Fallkonstellationen ursächlich für den Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sind. Gleiches gilt, wenn sich ein bestehender Bedarf aufgrund einer – bestehenden oder neuen – schweren Krankheit oder einer akuten Verschlimmerung einer Krankheit wesentlich verändert (zur Abgrenzung von Sachverhalten mit dauerhaft bestehendem Hilfebedarf gelten die Ausführungen unter Abschnitt 3.2.1 "Versorgungskonstellationen" zu § 37 Abs. 1a SGB V entsprechend).
[2] Die Kurzzeitpflege soll ausweislich der Gesetzesbegründung nur in Betracht kommen, wenn andere Leistungsansprüche den speziellen Bedarf der Versicherten bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung nicht im erforderlichen Maße abdecken. Ein spezieller Bedarf der Versicherten nach § 39c SGB V wird insbesondere dann vorliegen, wenn die Versorgungsmöglichkeiten im ambulanten Bereich insbesondere auch unter Berücksichtigung des Leistungsanspruchs nach § 37 Abs. 1a SGB V nicht ausreichen, weil der Versorgungsbedarf rund um die Uhr – auch nachts – besteht oder unvorhersehbar zu jeder Tages- oder Nachtzeit eintreten kann und deshalb die Versorgung mangels ergänzender Unterstützung im persönlichen Umfeld des Versicherten nur im stationären Kontext ausreichend sichergestellt werden kann.
4.2.2 Im Haushalt lebende Person
Ausweislich des Gesetzeswortlauts kommt die Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V nur in Betracht, wenn Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V bei schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung nicht ausreichen. Da die Leistungen nach § 37 Abs. 1a SGB V nur gewährt werden können, wenn keine im Haushalt lebende Person die Leistungen erbringen kann, ist der Grundsatz der Subsidiarität des Leistungsanspruchs gegenüber der Versorgung und Betreuung durch im Haushalt lebende Personen (§ 37 Abs. 3 SGB V) unmittelbar auch für den Bereich der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V anzuwenden (vgl. Abschnitt 3.2.2 "Im Haushalt lebende Person" zu § 37 Abs. 1a SGB V).
4.2.3 Vorliegen von Pflegebedürftigkeit [mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5] gemäß SGB XI
[1] Liegt Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 nach dem SGB XI vor, ist der Leistungsanspruch ausgeschlossen.
[2] Es gibt keine Hinweise darauf, dass die unterschiedlichen Formulierungen in § 37 Abs. 1a SGB V "soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt" und in § 39c Satz 1 SGB V "wenn keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches festgestellt ist" bewusst gewählt wurden, um einerseits bereits beim faktischen Vorliegen der maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen des SGB XI und andererseits erst bei dessen Feststellung im förmlichen Verwaltungsverfahren den Leistungsausschluss zu bewirken. Aus den Gesetzesmaterialien insgesamt ist erkennbar, dass der Gesetzgeber die Leistungsansprüche nach § 37 Abs. 1a SGB V sowie § 39c SGB V einheitlich für die Fallgestaltungen ausschließen wollte, in denen ein Anspruch auf Leistungen der Grundpflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung nach dem SGB XI tatsächlich besteht und demnach die zur Anspruchsrealisierung erforderliche Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 erfolgt ist.
[3] Wird rückwirkend beim Versicherten das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit mit einem Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 nach dem SGB XI für einen Zeitra...