[1] Bei Eintritt von Versicherungspflicht, z.B. aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld, kann die wahlberechtigte Person eine neue Krankenkasse ohne Kündigung und ohne Rücksicht auf die Dauer der Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse wählen (sofortiges Krankenkassenwahlrecht). Keiner Kündigung bedarf es immer dann, wenn die Mitgliedschaft kraft Gesetzes endet. Mit der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes erlischt die bisherige Zwölfmonatige Bindung des Mitglieds an die bisherige Krankenkasse. Für die Ausübung des sofortigen Krankenkassenwahlrechts ist unerheblich, ob ein neuer Tatbestand der Versicherungspflicht nach einer Unterbrechung der Mitgliedschaft eintritt oder sich nahtlos an die vorangegangene Mitgliedschaft anschließt. Für die Wirksamkeit der Krankenkassenwahl ist entscheidend, dass die versicherungspflichtige Person der zur Meldung verpflichteten Stelle spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht Angaben über die gewählte Krankenkasse macht. Die Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung bei der zur Meldung verpflichteten Stelle ist ab 1.1.2021 im Gesetz nicht mehr vorgesehen. Geschieht dies nicht, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle unverändert den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung bestand; bestand vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung oder ist die letzte Krankenkasse nicht feststellbar, weil die betreffende Person die letzte Krankenkasse nicht mehr kennt oder insoweit an der Aufklärung nicht mitwirkt, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen bei einer nach § 173 SGB V wählbaren Krankenkasse anzumelden ("wahlersetzende Anmeldung"). Die Verpflichtung der Krankenkasse, aufgrund dieser Anmeldung ihre Zuständigkeit zu prüfen, bleibt unberührt.
[2] Aus dieser Frist ergibt sich die Frist für die Abgabe der Wahlerklärung gegenüber der gewünschten Krankenkasse. Danach kann die Ausübung des Wahlrechts durch den Versicherungspflichtigen nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht rechtswirksam erfolgen. Zwar ergibt sich diese Anforderung nicht zwingend aus dem Wortlaut des Gesetzes, dennoch hat das BSG in seinem Urteil vom 21.12.2011, B 12 KR 21/10 R, USK 2011-172, entschieden, dass nach Ablauf der zweiwöchigen Frist i.S.d. § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V die Krankenkassenwahl durch das Mitglied nicht mehr wirksam ausgeübt werden kann. Eine zeitliche Ausdehnung des Wahlrechts einschließlich der Informationspflicht gegenüber der zur Meldung verpflichteten Stelle bis zu der die Wahl ersetzenden Anmeldung durch die zur Meldung verpflichtete Stelle oder darüber hinaus ist rechtlich nicht zulässig.
[3] Voraussetzung für das sofortige Wahlrecht zu einer neuen Krankenkasse ist zwar der tatsächliche Eintritt von Versicherungspflicht, z.B. in Folge der Bewilligung von Arbeitslosengeld, dennoch kann die betreffende Person bereits im Vorfeld bzw. in Erwartung des Eintritts von Versicherungspflicht die Wahl gegenüber der Krankenkasse erklären.
[4] Nach Eingang der Anmeldung hat die Krankenkasse der zur Meldung verpflichteten Stelle im elektronischen Meldeverfahren das Bestehen (oder ggf. Nichtbestehen) der Mitgliedschaft zurückzumelden ("elektronische Mitgliedsbescheinigung"). Sofern das Mitglied anlässlich des Eintritts von Versicherungspflicht nicht von seinem sofortigen Wahlrecht Gebrauch macht, führt die Anmeldung der zur Meldung verpflichteten Stelle bei der bisherigen und noch zuständigen Krankenkasse – anders als bei der Rechtslage bis zum 31.12.2020 – nicht zu einer erneuten Bindungsfrist.
[5] Ein sofortiges Krankenkassenwahlrecht ist nicht nur dann einzuräumen, wenn Zeiten der Versicherungspflicht unmittelbar aneinander anschließen oder nach einer Unterbrechung der Mitgliedschaft aufeinanderfolgen; es ist vielmehr auch dann gegeben, wenn eine Zeit der Versicherungspflicht sich unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes (hier: § 191 Nr. 2 SGB V) beendete freiwillige Mitgliedschaft anschließt (z.B. Eintritt der Versicherungspflicht aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld und damit Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft).
[6] Für Versicherte, die einen bestimmten Versicherungspflichttatbestand mehrfach (z.B. Mehrfachbeschäftige) oder zwei gleichrangige Versicherungspflichttatbestände gleichzeitig (z.B. versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit Bezug von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit Bezug von Teilarbeitslosengeld) erfüllen, vollzieht sich ein Krankenkassenwechsel typischerweise im Kündigungsverfahren. Jedenfalls begründet ein Hinzutritt bzw. ein Wegfall eines weiteren Versicherungspflichttatbestandes zu/bei einer durchgehend bestehenden (anderweitigen) Mitgliedschaft kein sofortiges Krankenkassenwahlrecht.