A.2.2.3.2.1 Krankheitskosten-, Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldversicherung
[1] Die Zuordnung zum System der PKV setzt neben der institutionellen Abgrenzung (vgl. Abschnitt A.2.2.3.1) das Bestehen eines bestimmten Vertrages voraus, und zwar eines Vertrages über eine Krankheitskostenversicherung (vgl. § 192 Abs. 1 VVG). Der Krankheitskostenversicherung steht die ergänzende Krankheitskostenversicherung über den von der Beihilfe nicht übernommenen Kostenteil gleich. Die Versicherungszeiten in einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder im Vereinigten Königreich erfüllen im Wege der Tatbestandsgleichstellung nach Artikel 5 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/04 bzw. Artikel KSS.6 Abkommen über Handel und Zusammenarbeit das Merkmal "zuletzt privat versichert", wenn es sich um einen privaten Krankenversicherungsvertrag handelt, der mit einem Krankheitskostenversicherungsvertrag im Sinne des § 192 Abs. 1 VVG vergleichbar ist.
[2] Dagegen begründen die Krankentagegeldversicherung (vgl. § 192 Abs. 5 VVG) bzw. die Krankenhaustagegeldversicherung (vgl. § 192 Abs. 4 VVG) keine Zuordnung zum System der PKV, weil sie für einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne der Auffang-Versicherungspflicht nicht ausreichen (vgl. Abschnitt A.2.4.3.2).
A.2.2.3.2.2 Ausbildungs-, Auslands-, Reise- und Incoming-Krankenversicherung
[1] Für eine Ausbildungs-, Auslands- oder Reisekrankenversicherung gilt, dass im Falle ihrer Beendigung kein Tatbestandsmerkmal "zuletzt privat krankenversichert" i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorliegt. Dies ergibt sich aus dem befristeten Charakter dieser Versicherungsverträge (vgl. § 195 Abs. 2 VVG). Für eine Auslandskrankenversicherung ist darüber hinaus von Bedeutung, dass die gesetzliche Krankenversicherung aufgrund des Ruhens von Leistungsansprüchen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, insbesondere bei Aufenthalt des Versicherten im sog. vertragslosen Ausland, keine Alternative zum Abschluss einer Auslandskrankenversicherung bietet. Auch vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, im Sinne einer Systemabgrenzung nach Beendigung einer Auslandskrankenversicherung keine Zuordnung zur PKV vorzunehmen. Dies gilt auch für Auslands-Gruppenversicherungen, welche deutsche Arbeitgeber für vorübergehende Auslandsaufenthalte ihrer Mitarbeiter abschließen.
[2] Eine "Incoming-Reisekrankenversicherung" ist für einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland konzipiert. Für Personen mit vorübergehendem Aufenthalt kommt eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht in Betracht, da diese weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Insoweit stellt sich die Frage, ob es sich bei einer Incoming-Reisekrankenversicherung um einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall handelt, regelmäßig nicht. Wird der Aufenthaltsstatus geändert und erstmals der Wohnsitz im Inland begründet, ist allein wegen der Incoming-Krankenversicherung eine Zuordnung zur PKV nicht zulässig. Eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V käme daher grundsätzlich in Betracht, wenn kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall (mehr) vorliegt. Allerdings dürfte die Auffang-Versicherungspflicht für Ausländer im Regelfall an den Vorgaben des § 5 Abs. 11 SGB V (vgl. Abschnitt A.2.5) scheitern.
A.2.2.3.2.3 Anwartschaftsversicherung in der PKV
[1] Im Recht der privaten Krankenversicherung ist ein besonderes Vertragsverhältnis mit der Bezeichnung "Anwartschaftsversicherung" möglich. Damit wird ein bestehendes, gekündigtes oder beantragtes privates Krankenversicherungsverhältnis unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte (und ggf. der Alterungsrückstellung) ruhend gestellt, um es zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen. Für die Dauer der Anwartschaftsversicherung besteht jedoch kein Anspruch auf Leistungen aus einer privaten Krankenversicherung.
[2] Die Frage, ob alleine durch den Abschluss einer Anwartschaftsversicherung in der PKV das Merkmal "zuletzt privat krankenversichert" als erfüllt anzusehen ist, stellte sich in der Vergangenheit typischerweise für den Personenkreis der Soldaten auf Zeit, die für die Dauer des Dienstverhältnisses eine Anwartschaftsversicherung in der PKV abgeschlossen haben und zuvor gesetzlich krankenversichert waren. Dies ist aufgrund des fehlenden Leistungsanspruchs gegen das private Versicherungsunternehmen während der Anwartschaftsversicherung zu verneinen. Seit der Einführung des Beitrittsrechts zur vorrangigen freiwilligen Krankenversicherung in der GKV für ehemalige Soldaten auf Zeit (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V) dürfte diese Problematik für diese Personen in der Praxis nur ausnahmsweise eine Rolle spielen, zum Beispiel beim Verstreichen der Beitrittsfrist.