4.1 Rechtslage bis zum Inkrafttreten des GKV-VEG

Nach der bis zum Inkrafttreten des GKV-VEG geltenden Rechtslage war die obligatorische Anschlussversicherung auch für solche Personen durchzuführen, deren Aufenthaltsort mit angemessenem Aufwand durch die Krankenkasse nicht feststellbar war, sei es, weil sie zwischenzeitlich ins Ausland verzogen oder zum Beispiel ohne festen Wohnsitz waren. In diesem Sinne wurde die Regelung des § 188 Abs. 4 SGB V seit deren Einführung zum 1.8.2013 angewandt. Im Ergebnis wurden Mitgliedszeiten auch dann begründet, wenn die betroffene Person wegen des zwischenzeitlichen Verzugs ins Ausland dem Geltungsbereich des SGB nicht mehr unterlag, dieser Umstand jedoch nicht abschließend aufgeklärt werden konnte. Als Folge wurden zumeist nicht realisierbare Beitragsansprüche erzeugt, die zum Anwachsen der Beitragsrückstände in der GKV beigetragen haben. Dies hat den Gesetzgeber veranlasst, im Rahmen des GKV-VEG die rechtlichen Rahmenbedingungen nachzujustieren.

4.2 Keine Begründung der obligatorischen Anschlussversicherung, wenn der Aufenthaltsort der betroffenen Person nicht ermittelbar ist

4.2.1 Allgemeines

[1] Für Personen, die aus der Versicherungspflicht oder Familienversicherung ausscheiden, ist die obligatorische Anschlussversicherung gemäß der Neuregelung des § 188 Abs. 4 Satz 4 SGB V ausgeschlossen, wenn die Krankenkasse trotz Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten weder den Wohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt des Mitglieds im Geltungsbereich des SGB ermitteln konnte. Der GKV-Spitzenverband regelt nach § 188 Abs. 5 SGB V verbindlich für alle Krankenkassen das Nähere zu den Ermittlungspflichten der Krankenkassen im Rahmen untergesetzlicher Normsetzung (vgl. Abschnitt 4.5). Beide Rechtsvorschriften sind seit dem Tag nach der Verkündung des GKV-VEG, also seit dem 15.12.2018, in Kraft.

[2] Die Begründung der obligatorischen Anschlussversicherung ist somit nach der geänderten Rechtslage grundsätzlich auf die Fälle des geklärten Aufenthalts beschränkt. Darüber hinaus darf die Krankenkasse unter Berufung auf die Regelungen des Anscheinsbeweises von dem Fortbestehen des bisherigen Wohnsitzes oder ständigen Aufenthalts des ehemaligen Mitglieds innerhalb des Geltungsbereichs des SGB ausgehen, wenn das ehemalige Mitglied bzw. seine zuletzt familienversicherten Angehörigen nach der Beendigung der Versicherung Leistungen zu ihren Lasten in Anspruch genommen haben. Dies befreit die Krankenkasse zwar nicht von der Verpflichtung, alle ihr zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung des Aufenthaltsorts des ehemaligen Pflichtmitglieds (vgl. Abschnitt 4.5) auszuschöpfen, bei deren Scheitern wird die obligatorische Anschlussversicherung dennoch begründet. Anschließend wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Beendigung der Mitgliedschaft gemäß § 191 Nr. 4 SGB V (vgl. Abschnitt 4.3) erfüllt sind.

[3] Die Annahme über das kontinuierliche Fortbestehen des bisherigen Wohnsitzes bzw. Aufenthalts des ehemaligen Mitglieds innerhalb des Geltungsbereichs des SGB ist jedoch nur im Falle einer zeitnahen Leistungsinanspruchnahme gerechtfertigt; davon ist in Anlehnung an die Intention des § 191 Nr. 4 SGB V auszugehen, wenn die Leistungsinanspruchnahme in dem vorgenannten Sinne innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht erfolgt.

[4] Um eine mögliche Leistungsinanspruchnahme als den der Anwendung des § 188 Abs. 4 Satz 4 SGB V entgegenstehenden Ausschlusstatbestand abschließend zu klären, müssten die Krankenkassen für eine entsprechende verbindliche Feststellung grundsätzlich abwarten, bis die Fristen für die Abrechnungen mit den Leistungserbringern (jedenfalls soweit diese eine versichertenbezogene Zuordnung der Leistungsinanspruchnahme vorsehen) für den entscheidungsrelevanten Zeitraum abgelaufen sind. Unter Berücksichtigung verwaltungsökonomischer Aspekte ist es jedoch sachgerecht, wenn die Krankenkassen eine Entscheidung über das Nichtzustandekommen der obligatorischen Anschlussversicherung bereits dann treffen, wenn sie die üblichen Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung des Aufenthaltsorts des ehemaligen Mitglieds (vgl. Abschnitt 4.5) erfolglos ausschöpfen. Insoweit liegt ein Unterschied zum Verfahren der Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft nach § 191 Nr. 4 SGB V (vgl. Abschnitt 4.3.2.2) vor. Wird die Information über die Leistungsinanspruchnahme durch das ehemalige Mitglied der Krankenkasse erst nach dem Zeitpunkt der vorgenannten Entscheidung bekannt, kann die ursprüngliche Annahme über den fehlenden Aufenthalt des Mitglieds im Geltungsbereich des SGB nicht mehr aufrechterhalten werden und die Anschlussversicherung ist rückwirkend zu begründen.

[5] Die vorstehenden Ausführungen gelten im Rahmen der Prüfung der obligatorischen Anschlussversicherung für Personen, die aus der Familienversicherung ausgeschieden sind (vgl. Abschnitt 2.2), sinngemäß.

Praxis-Beispiel

Herr A. scheidet mit Ablauf des 31.1.2023 aus der Versicherungspflicht aus. Im Rahmen der Klärung seines weiteren Krankenversicherungsschutzes gelingt es der zuständigen Krankenkasse nicht, seinen Wohnort zu ermitteln. Die an die letzte Adresse g...

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