[1] Ist bei der Zahlung der Versorgungsbezüge die Einbehaltung von Beiträgen – gleich aus welchem Grund – unterblieben, sind die rückständigen Beiträge zwingend durch die Zahlstelle aus den weiterhin zu zahlenden Versorgungsbezügen einzubehalten (§ 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Der nachträgliche Einbehalt der Beiträge aus den weiterhin zu zahlenden Versorgungsbezügen ist – abweichend von § 28g SGB IV – zeitlich nicht begrenzt (BAG, Urteil vom 12.12.2006, 3 AZR 806/05, USK 2006-85). Hierbei gilt die Aufrechnungsvorschrift des § 51 Abs. 2 SGB I entsprechend. Damit ist die Einbehaltung von Beiträgen bis zur Hälfte der laufenden Versorgungsbezüge zulässig, wenn die Person nicht nachweist, dass sie dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird. Ist hiernach ein Beitragseinbehalt nicht möglich, unterrichtet die Zahlstelle der Versorgungsbezüge die Krankenkasse entsprechend. Auch in diesem Fall kann der Versicherte für die nachzuzahlenden Beiträge nicht unmittelbar durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden.

[2] Lediglich in den Fällen, in denen Versorgungsbezüge nicht mehr laufend gezahlt werden, geht die Verpflichtung zum Beitragseinzug auf die Krankenkasse über (§ 256 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 255 Abs. 2 Satz 2 SGB V).

[3] Für die Ermittlung der Höhe der rückständigen und nachzuzahlenden Beiträge sind unter Beachtung des beitragsrechtlichen Entstehungsprinzips die in den einzelnen Monaten, in denen der Beitragsanspruch entstanden und für die eine Beitragsabführung unterblieben ist, geltenden Berechnungsfaktoren maßgebend.

[4] Unabhängig davon, ob die Krankenkasse oder die Zahlstelle die Beiträge einbehält bzw. einzieht, sind die Regelungen über die Verjährung von Beitragsansprüchen nach § 25 SGB IV zu beachten.

[5] Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Zahlstelle, die laufenden sowie gegebenenfalls nachzuzahlenden Beiträge, von den laufenden Versorgungsbezügen einzubehalten und zu zahlen, nimmt die Zahlstelle im Hinblick auf eine Haftung für nicht entrichtete Beiträge nicht die gleiche Stellung ein wie der Arbeitgeber in Bezug auf die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Im Gegensatz zum Arbeitgeber ist die Zahlstelle von Versorgungsbezügen nicht Beitragsschuldnerin und kann daher im Fall von nicht einbehaltenen und nicht abgeführten Beiträgen von der Krankenkasse nicht in Anspruch genommen werden (BSG, Urteil vom 23.5.1989, 12 RK 11/87, USK 8961 zum früheren § 393a Abs. 2 RVO).

[6] Besteht Streit über die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen oder die Beitragshöhe, hat die Krankenkasse einen entsprechenden Feststellungsbescheid gegenüber dem Versicherten als Beitragsschuldner zu erlassen und die Zahlstelle darüber zu informieren, damit diese ihren Pflichten im Rahmen des § 256 SGB V nachkommen kann. In einem Rechtsstreit zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse ist die Zahlstelle notwendig beizuladen (BSG, Urteil vom 20.7.1988, 12 RK 12/88 und 12 RK 13/88, USK 8862). Die Krankenkasse ist darüber hinaus berechtigt, die Zahlstelle mit Verwaltungsaktcharakter zum Einbehalt von rückständigen Beiträgen aufzufordern (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.8.2009, L 9 KR 202/07). Allerdings bedarf es für einen rückwirkenden Einbehalt von Beiträgen, wie auch für den laufenden Einbehalt von Beiträgen, i.d.R. keines Verwaltungsaktes der Krankenkasse. Denkbar ist jedoch, dass der Beitragseinbehalt bzw. dessen Umfang, insbesondere bei möglicher Verjährung des Beitragsanspruchs, zweifelhaft ist. In diesen Fällen bietet es sich für die Zahlstelle an, eine Entscheidung der Krankenkasse einzuholen. Selbst ein Verschulden der Zahlstelle von Versorgungsbezügen oder ein Fehlverhalten der Krankenkasse am unterbliebenen Beitragseinbehalt führt nicht zur Freistellung des Versicherten von der Beitragsentrichtung und von einem nachträglichen Beitragseinbehalt (BSG, Urteil vom 23.3.1993, 12 RK 62/92, USK 9314).

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