[1] Die Besonderheit dieser Leistung der Versorgungswerke besteht darin, dass nach § 237 Satz 2 SGB V bei Versicherungspflichtigen nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. b SGB V die Leistung bis zum Erreichen der Altersgrenzen für Kinder in der Familienversicherung (§ 10 Abs. 2 SGB V) beitragsfrei gestellt wird. Die Beitragsfreiheit knüpft ausdrücklich an die Versicherungspflicht als Waisenrentner an. Sie kommt daher nicht zum Tragen, wenn für die Waise eine vorrangige Versicherungspflicht nach anderen Vorschriften, z.B. bei einer Berufsausbildung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, besteht (vgl. auch BT-Drucks. 18/6905, zu Artikel 1a Nr. 1 Buchst. c, S. 84).
[2] Die Kopplung der Beitragsfreiheit an die Altersgrenzen für Kinder in der Familienversicherung bedeutet nicht, dass ohne die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. b SGB V die Voraussetzungen für eine Familienversicherung gegeben sein müssen, wenngleich dies im Regelfall gegeben sein dürfte. Beitragsfreiheit besteht also z.B. unabhängig davon, ob der überlebende Elternteil, die Großeltern oder die Pflegeeltern gesetzlich krankenversichert sind oder nicht und ob das Gesamteinkommen des Waisenrentners, ggf. unter Berücksichtigung von weiteren Einnahmearten, die Einkommensgrenze der Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V überschreitet. Die Dauer der Beitragsfreiheit richtet sich nach der im Einzelfall zutreffenden Altersgrenze nach § 10 Abs. 2 SGB V, im Fall der Nummer 3 (bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres) unter Berücksichtigung der individuellen Ausbildungs- und Dienstzeiten sowie eventueller Verlängerungstatbestände.
[3] Durch den Bezug in § 237 Satz 2 SGB V auf die Altersgrenzen des § 10 Abs. 2 SGB V werden – ungeachtet der insoweit nicht eindeutigen Formulierung im Gesetz – auch die [korr.] Kinder mit Behinderungen, die unter die Regelung des § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V fallen und ohne Altersbegrenzung familienversichert sein können, von der Beitragsfreiheit erfasst. Für sie kann daher über die Altersgrenzen des § 10 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB V hinaus, längstens bis zum Ende des Bezuges der Waisenrente, Beitragsfreiheit bestehen.
[4] Die Regelungen des § 48 Abs. 4 SGB VI zur Dauer des Anspruchs auf Waisenrente bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres werden grundsätzlich auch von den Versorgungswerken praktiziert. Daher kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass in dieser Zeit, jedenfalls bis zum Erreichen der Altersgrenze nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V (Vollendung des 25. Lebensjahres, ggf. unter Berücksichtigung von Verlängerungstatbeständen) die Bedingungen für eine Beitragsfreiheit nach § 237 Satz 2 SGB V erfüllt werden. Dies gilt auch für einen fortdauernden Anspruch auf die Waisenrente bei Übergangszeiten von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten i.S.d. § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI, da in diesem zeitlichen Rahmen ebenso die Altersgrenze des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V weiterhin eingehalten wird (GR v. 9.11.1988, Zu § 10 SGB V, Ziffer 2.4.2.2). Sofern in Einzelfällen der Anspruch auf die Waisenrente für einen längeren Übergangszeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten fortbesteht, kann dies zum Wegfall der Beitragsfreiheit führen. Die Waise ist daher im Vorfeld auf eine entsprechende Mitteilungspflicht nach § 206 SGB V und die Möglichkeit einer Beitragsnacherhebung im Fall einer Pflichtverletzung aufmerksam zu machen.
[5] In die Beitragsfreiheit werden neben den Waisenrenten der Versorgungswerke die Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB VI (unter den Bedingungen einer ebenfalls eigenen Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. a SGB V) sowie die Waisenrente nach § 15 ALG – seit 11.5.2019 – Leistungen der Hinterbliebenenversorgung nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V (insbesondere Waisengeld aus der Beamtenversorgung) einbezogen, nicht dagegen eventuell daneben bezogene weitere beitragspflichtige Einnahmen i.S.d. § 237 SGB V wie z.B. anderweitige Versorgungsbezüge (z.B. aus einer betrieblichen Altersversorgung), ausländische Renten oder Arbeitseinkommen. Inhaltsgleiche Regelungen gelten im Übrigen auch für die in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVLG 1989 Versicherten (§ 45 Abs. 1 Satz 2 KVLG 1989).
[6] Die Beitragsfreiheit für die Zeit des Rentenbezugs wirkt nach § 220 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB V ebenso auf den Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V sowie nach der Verweisungsvorschrift des § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auf die Beiträge zur Pflegeversicherung.
[7] Sofern für die Waisenrente eines Versorgungswerks keine Beitragsfreiheit besteht, weil z.B. die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. b SGB V durch einer Vorrangversicherungspflicht verdrängt wird oder die Altersgrenzen nach § 10 Abs. 2 SGB V überschritten sind, gelten für die Zahlung der Beiträge im Zahlstellen- oder Selbstzahlerverfahren die Ausführungen unter A.1.4 und ergänzend A.1.1.14 entsprechend.