Durch das Schuldrechtsmodifizierungsgesetz hat der Gesetzgeber zum 1.1.2002 alle (Formular-)Arbeitsverträge den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unterworfen. Werden Sonderzuwendungen in vom Arbeitgeber vorformulierten Klauseln im Arbeitsvertrag vereinbart, so gilt auch für die Vereinbarung einer Gratifikation das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, die zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung nach Satz 1 dieser Vorschrift führt, sich auch daraus ergeben kann, "dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist". Dies galt nach der ständigen Rechtsprechung des BAG auch schon vor der Schuldrechtsreform. Werden z. B. in der Zusage von Jubiläumszuwendungen diese als "freiwillige Sozialleistung" bezeichnet, fehlt es an dieser klaren Formulierung. Sie besagt für den Arbeitnehmer nicht zwingend, dass damit ein Rechtsanspruch ausgeschlossen sein soll. Eine "freiwillige Leistung" kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber ohne tariflichen Anspruch (insoweit freiwillig) eine Gratifikation verbindlich zusagt. Wird im Arbeitsvertrag an einer Stelle eine Gratifikation versprochen und an anderer Stelle die Gratifikation als freiwillig bezeichnet und darauf hingewiesen, dass keine Rechtsansprüche begründet werden, ist dies widersprüchlich und daher unwirksam.
Widersprüchliche Formulierungen binden den Arbeitgeber an die Sonderzahlung
Heißt es – im Anschluss an das obige Beispiel – im Arbeitsvertrag "Der Arbeitgeber bezahlt an die Arbeitnehmerin ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Gehalts, zahlbar im November eines jeden Jahres. Diese Zahlung ist freiwillig und begründet keinen Rechtsanspruch", so ist diese Klausel unwirksam mit der Folge, dass das Weihnachtsgeld auch weiterhin bezahlt werden muss.
Dasselbe gilt, wenn der Arbeitsvertrag davon spricht, dass bestimmte, in der Höhe genannte Zahlungen "zurzeit gewährt" werden. Die darin (nach Auslegung) liegende vertragliche Zusage von Sonderzahlungen kann nicht durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt eingeschränkt werden.
Arbeitsvertrag deutlich formulieren
Es gilt also, im Arbeitsvertrag deutlich zu formulieren. Begriffe wie "gewähren" oder "zahlen", insbesondere i. V. m. konkreten Zahlen, sollten vermieden werden, um keine unerwünschten Ansprüche zu schaffen.
Es ist daher zu empfehlen, im Arbeitsvertrag wie folgt zu formulieren:
"Die Gewährung sonstiger Leistungen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld oder sonstige Gratifikationen) durch den Arbeitgeber erfolgt freiwillig und mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird."
Sofern im Arbeitsvertrag – lediglich bezogen auf Sonderzahlungen im Allgemeinen – ein Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart ist – also eine Vereinbarung, wie die oben stehende –, ist darauf zu achten, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt zusätzlich bei der Gewährung der Leistung erneuert wird. Das BAG hat insoweit ausgeführt: "Der Senat hat bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne den Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten Zahlung so erschüttern kann, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann".
Dem Arbeitgeber steht es dabei frei, ob er den Arbeitnehmern den Vorbehalt z. B. durch Aushang, Rundschreiben oder durch Erklärung bekannt gibt. Zu beachten ist insoweit aber, dass es sich bei dieser Art von Vorbehalt i. d. R. wie bei Freiwilligkeitsvorbehalten in Formulararbeitsverträgen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die den diesbezüglichen Anforderungen, insbesondere der Inhaltskontrolle, unterliegen.
Wird beides eingehalten – also ist im Arbeitsvertrag ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt enthalten und wird dem Arbeitnehmer bei der Gewährung der Leistung nochmals mitgeteilt, dass die Leistung freiwillig und ohne Rechtsanspruch erfolgt –, dürfte – nach jetziger Rechtsprechung – die Entstehung einer betrieblichen Übung auf Sonderzahlungen verhindert werden, sodass im Ergebnis jedes Jahr neu entschieden werden kann, ob erneut eine Sonderzahlung bezahlt wird.
Durch einen rechtswirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht der Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Gratifikation für ein bestimmtes Jahr erst mit der tatsächlichen Zahlung (wobei er durch Erfüllung sogleich wieder untergeht) oder gegebenfalls mit einer im Voraus abgegebenen Zusage. Bis zum Zeitpunkt der Zahlung entsteht auch nicht etwa ein im Lauf des Jahres sukzessive anwachsender Anspruch auf eine anteilige Gratifikation. Der Arbeitgeber ist auch nicht gehalten, bei einer bisher jeweils zum Jahresende gezahlten freiwilligen Gratifikation sich im Lauf des Jahres zu äußern. Solange er sich nicht erklärt oder geleistet hat, bleibt es offen, ob er überhaupt und gege...