Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1992

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1

 

Tenor

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 1994 wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1992 vom 12. August 1994 dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer auf … DM herabgesetzt wird.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

 

Tatbestand

Der als Richter tätige Kläger war vom 1. September 1992 mit 3/5 seines regelmäßigen Dienstes an das Kreisgericht … in … abgeordnet. Er bezog ab diesem Zeitpunkt eine monatliche steuerfreie Aufwandsentschädigung in Höhe von … DM gemäß der Richtlinie des Hessischen Ministeriums des Innern zur Verwaltungshilfe in … vom 20. September 1990 – … Staatsanzeiger für das Land Hessen … Der Bruttoarbeitslohn 1992 betrug … DM. Die Klägerin bezog in 1992 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Augenoptikerin.

In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1992 machte der Kläger u.a. Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Wohnung in … und seiner Arbeitsstätte in … für die Zeit vom 1. September 1992 bis 30. November 1992 in Höhe von … DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, die der Beklagte nicht anerkannte, da diese Aufwendungen durch die steuerfrei gewährte Aufwandsentschädigung abgedeckt seien.

Mit Bescheid vom 12. August 1994 setzte der Beklagte gegen die Kläger … DM Einkommensteuer (ESt) fest.

Nach erfolglosem Rechtsbehelfsverfahren haben die Kläger Klage erhoben. Der Kläger trägt vor, er habe für die Monate September bis November 1992 die Fahrtkosten nach … nicht gegenüber seinem Arbeitgeber geltend gemacht. Erst für Dezember 1992 seien ihm antragsgemäß Fahrtkosten erstattet worden. Die Auffassung des Beklagten, die Fahrtkosten seien mit der steuerfreien Aufwandsentschädigung abgegolten, sei unzutreffend; dies ergebe sich bereits daraus, daß diese Fahrtkosten zusätzlich zur Aufwandsentschädigung erstattet worden seien. Die Aufwandsentschädigung sei als zusätzlicher Ausgleich für die durch die Arbeit in der ehemaligen DDR entstehenden Erschwernisse und Belastungen gewährt worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vertrags wird auf den Schriftsatz vom 16. Januar 1995 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 1994 den ESt-Bescheid für 1992 vom 12. August 1994 dahingehend zu ändern, daß weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von … DM anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, die vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten seien durch die Gewährung der steuerfreien Aufwandsentschädigung abgegolten. Er bezieht sich insoweit auf die Urteile des Finanzgerichts (FG) Nürnberg vom 25. Januar 1994 I 128/93, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 747 sowie des Niedersächsischen FG vom 13. Januar 1993 VII 460/92, EFG 1993, 572. Auf den Schriftsatz des Beklagten vom 6. März 1995 wird im übrigen verwiesen.

Dem Senat haben die einschlägigen ESt-Akten des Beklagten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat zu Unrecht den Abzug der Fahrtkosten des Klägers nach … in Höhe von … als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit versagt.

Die geltend gemachten Aufwendungen stellen als Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar. Eine Saldierung dieser Kosten mit der in Jahr 1992 gewährten steuerfreien Aufwandsentschädigung oder eine anteilige Kürzung dieser Aufwendungen wegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit steuerfreien Einnahmen (§ 3 c EStG) kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht: Dies folgt aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluß vom 11. November 1998 – 2 BvL 10/95 –, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1999, 502. Dort hat der 2. Senat des BVerfG ausgeführt, daß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG insoweit mit Artikel 3 des Grundgesetzes unvereinbar ist, als diese Norm Steuerfreiheit für eine Aufwandsentschädigung gewährt, die nach § 17 Bundesbesoldungsgesetz in Verbindung mit dem Haushaltsgesetz 1993 und den Richtlinien des Bundesministers des Innern über die Gewährung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung an Bundesbedienstete gezahlt wird, denen eine dienstliche Tätigkeit in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet übertragen ist.

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