vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifizierung von Gehaltszuführungen des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers auf ein sog. Zeitwertkonto als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
- Zuführungen einer Kapitalgesellschaft auf ein Investmentkonto das als Zeitwertkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers geführt wird und das zur Ansammlung von Wertguthaben dient, um durch laufenden Gehaltsverzicht zukünftig nach Zeit bemessene Freizeit - in Form einer späteren zeitlichen Freistellung - zu erkaufen, sind dann nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren, wenn die Verwendung des Wertguthabens für den Gesellschafter-Geschäftsführer auf eine Vorruhestandsphase beschränkt ist und er bei Eintritt in den Vorruhestand als Organ der Gesellschaft ausscheidet.
- In diesen Fällen liegt wirtschaftlich betrachtet eine bloße Entgeltumwandlung vor, bei der der Gesellschaftergeschäftsführer durch Rücklage bereits erdienter Aktivbezüge zu Gunsten künftigter Alterbezüge; über sein eigenes Vermögen verfügt.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Streitjahr(e)
2013, 2014, 2015
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Qualifizierung von Gehaltszuführungen des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers auf ein sog. Zeitwertkonto als verdeckte Gewinnausschüttung.
Die Klägerin hat ihren Arbeitnehmern einschließlich des beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführers die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem Zeitwertkontenmodell eingeräumt. Nach diesem Modell wird ein Gehaltsanteil auf ein für den Arbeitnehmer eingerichtetes und auf den Namen der Klägerin geführtes Investmentkonto abgeführt, dessen Guthaben zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestandes oder einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses dienen soll. Zur Sicherung der Ansprüche der Arbeitnehmer werden die gegen das Investment-Unternehmen bestehenden Ansprüche von der Klägerin an einen Treuhänder abgetreten und an die jeweiligen Arbeitnehmer verpfändet (vgl. im Einzelnen: Ergänzungsvereinbarung über die Teilnahme des Arbeitnehmers an einem Zeitwertkontenmodell Bl. 21f. Gerichtsakte, Verpfändungsangebot des Arbeitnehmers Bl. 27 Gerichtsakte, Treuhandvertrag Bl. 28f. Gerichtsakte). Die Einführung des Zeitwertkontenmodells wurde mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15. Februar 2013 für alle Arbeitnehmer des Unternehmens einschließlich der Geschäftsführer beschlossen. Für Gesellschaftergeschäftsführer wurde das Modell hinsichtlich der Verwendung des Wertguthabens auf die Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestands eingeschränkt. Gleichzeitig wurde für die Gesellschafter für den Fall der Inanspruchnahme der Wertguthabenvereinbarung zur Finanzierung des Vorruhestands durch den Gesellschaftergeschäftsführer bereits die Verpflichtung ausgesprochen, den Gesellschaftergeschäftsführer von seinen Pflichten als Geschäftsführer zu entbinden und dafür Sorge zu tragen, dass auch das Handelsregister entsprechend korrigiert wird (Protokoll der Gesellschafterversammlung Bl. 123 Gerichtsakte).
Zeitgleich unterschrieb der Gesellschaftergeschäftsführer A eine solche Vereinbarung über die Einrichtung eines Zeitwertkontos und verzichtete auf die Auszahlung seiner Tantieme, seines 13. und 14. Monatsgehaltes, eines Teils seines Geschäftsführergehaltes i.H.v. XXX € und auf eine Bonuszahlung zu Gunsten der Einzahlung auf das Investmentkonto. In den Streitjahren wurden für den Gesellschaftergeschäftsführer XXX € in 2013, XXX € in 2014 und XXX € in 2015 auf das als Zeitwertkonto geführte Investmentkonto eingezahlt. Eine Versteuerung dieser Beträge als Arbeitslohn durch die Klägerin erfolgte nicht.
Nach Durchführung einer Lohnsteueraußenprüfung qualifizierte das Finanzamt unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 11. November 2015, I R 26/15, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2016, 489 die auf das Zeitwertkonto eingezahlten Beträge als verdeckte Gewinnausschüttung, da die Vereinbarung eines Zeitwertkontenmodells mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers nicht zu vereinbaren sei und bei einem Gesellschaftergeschäftsführer auf eine gesellschaftliche Veranlassung schließen lasse. Gegen die entsprechend geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2013 2015 vom 6. Mai 2019 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2020 zurückwies. Zur Begründung führte es aus, dass der Geschäftsführer eine Allzuständigkeit und eine Gesamtverantwortung für die Gesellschaft besitze und seine Arbeitskraft dem Unternehmen vollumfänglich zur Verfügung stellen müsse, so dass seine Arbeitsleistung nicht nach einer bestimmten Stundenzahl bemessen werden könne. Ebenso wie bei Überstundenvergütungen vertrage sich eine Vereinbarung, in der auf eine ummittelbare Entlohnung zu Gunsten von später (vergüteter) Freizeit verzichtet werde, nicht mit dem Aufgabenbild und der Organstellung ein...