keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsort. Direktionsrecht. Annahmeverzug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verlegt der Arbeitgeber die gesamte Betriebsstätte an einen anderen Ort, hat er die individualvertraglichen Grenzen hinsichtlich des Orts der Arbeitsleistung zu beachten.

2. Bei einer Entfernung zwischen alter und neuer Betriebsstätte von 270 Kilometern gibt es keine allgemeine Folgepflicht des Arbeitnehmers und keine entsprechende Weisungsbefugnis des Arbeitgebers.

 

Normenkette

BGB 293 ff.; GewO § 106 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 22.12.2005; Aktenzeichen 3 ca 72/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 22. Dezember 2005 – 3 Ca 72/05 – wird als unzulässig verworfen, soweit es die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Zeugnisses und zur Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von EUR 163,80 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. August 2005 betrifft.

Im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil teilweise abgeändert, hinsichtlich eines Urlaubsgeldes in Höhe von EUR 587,29 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. August 2005; insoweit wird die Klage gleichfalls abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 40 % und die Beklagte 60 % zu tragen.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Vergütung und Aufwendungsersatz sowie Erteilung eines Arbeitszeugnisses.

Anstelle des Tatbestandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils mit den nachfolgenden Ergänzungen Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die am 20. September 1968 geborene, verheiratete Klägerin, deren Ehemann tagsüber berufstätig ist, hat zwei am 3. April 1999 und 20. Februar 2002 geborene Kinder. Die Klägerin wurde mit Beginn des Arbeitsverhältnisses auf Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 13. Juli 1988 (Bl. 11 bis 13 d. A.) bis zum Beginn der Elternzeit im April 1999 ununterbrochen in der Personalabteilung der Beklagten in A beschäftigt. Die Klägerin bot der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Dezember 2004 (Bl. 134 und 135 d. A.) sowie vom 12. Januar 2005 (Bl. 29 und 30 d. A.) ihre Arbeitsleistung für die Zeit nach der bis 20. Februar 2005 andauernden Elternzeit an. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 25. Februar 2005 (Bl. 88 d. A.), 11. März 2005 (Bl. 89 d. A.), 24. März 2005 (Bl. 90 d. A.), 12. April 2005 (Bl. 91 d. A.), 27. Mai 2005 (Bl. 92 d. A.) und 29. Juni 2005 (Bl. 93 d. A.) die Klägerin ohne Erfolg zu einzelnen Arbeitseinsätzen von jeweils nicht mehr als zweiwöchiger Dauer in B auf, um in der dortigen Personalabteilung „Arbeitsspitzen” abdecken zu können. Die Klägerin ihrerseits legte der Beklagten für die Zeiträume 4. bis 17. März 2005, 21. bis 24. März 2005, 29. März bis 1. April 2005, 5. April bis 8. April 2005 und 18. bis 21. April 2005 von größtenteils unterschiedlichen Ärzten ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Für die Zeit vom 12. bis 14. April 2005 legte die Klägerin der Beklagten eine „Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes” des Arztes Dr. C vor.

Das Arbeitsgericht Offenbach am Main hat mit einem am 22. Dezember 2005 verkündeten, der Beklagten am 20. Januar 2006 zugestellten Urteil – 3 Ca 72/05 (Bl. 58 – 63 d. A.) – die Klage hinsichtlich der von der Beklagten zum 31. Juli 2005 ausgesprochenen Kündigung vom 24. Februar 2005 abgewiesen und die Beklagte im Übrigen verurteilt, an die Klägerin an Vergütung für die Zeit vom 21. Februar 2005 bis 31. Juli 2005 insgesamt EUR 13.145,37 brutto nebst Zinsen und an Aufwendungsersatz EUR 163,80 brutto nebst Zinsen zu zahlen sowie der Klägerin ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Verhalten und Leistung während des Arbeitsverhältnisses erstreckt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten zum 31. Juli 2005 beendet worden, da die Klägerin ihre Kündigungsschutzklage nicht innerhalb der Frist von drei Wochen nach Kündigungszugang erhoben habe. Bis dahin stehe der Klägerin für die Zeit nach Rückkehr aus der Elternzeit ab 21. Februar 2005 bis zum 31. Juli 2005 die vertragsgemäße Vergütung zu, denn die Beklagte habe sich mit der Annahme der Dienste der Klägerin in Verzug befunden. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sei die Klägerin nicht zur Arbeitsleistung in B verpflichtet gewesen. Zudem könne die Klägerin von der Beklagten auch Zahlung des geltend gemachten Urlaubsgeldes für 16 Werktage in Höhe von EUR 1000,00 brutto und des Aufwendungsersatzes in Höhe von EUR 163,80 brutto verlangen, da die Beklagte diesen Ansprüchen nicht entgegengetreten sei. Wegen der weiteren...

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