keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Mitbestimmung. kollektiver Tatbestand
Leitsatz (amtlich)
Die Anweisung des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei jeder Krankmeldung sofort vorzulegen unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn sie in Besonderheiten des Einzelfalles begründet ist und ihr keine erkennbare generelle Regelung zugrunde liegt.
Normenkette
EFZG § 5; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.09.2007; Aktenzeichen 9 Ca 9437/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 12. September 2007 – 9 Ca 9437/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, vom Kläger zu verlangen, dass er bei jeder Krankmeldung unverzüglich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.
Der Kläger ist Mitglied des Betriebsrats. Er ist bei der Flugabfertigung als „Load Controller” beschäftigt und arbeitet dabei im Schichtsystem. Nach seinem Arbeitsvertrag ist er verpflichtet, so genannte „Springer / Splitdienste” zu leisten, sofern betriebliche Erfordernisse vorliegen. Bei diesen umfasst die tägliche Arbeitszeit zwei Dienstbeginne. Die Unterbrechung und die Dauer der einzelnen Dienste können unterschiedlich lang sein. Der Kläger erkrankte mit einer gewissen Regelmäßigkeit an den Tagen, an denen er zu diesen Diensten eingeteilt war.
Mit Schreiben vom 24. November 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie von ihm ab sofort für jede Krankmeldung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur unverzüglichen Vorlage fordere.
Die Beklagte hat in der Vergangenheit außer vom Kläger im Jahre 2000 von 3, im Jahr 2001 von 3, im Jahre 2005 von 7 und im Jahr 2007 von 3 Arbeitnehmern ebenfalls verlangt, ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Die Anordnung gegenüber den Arbeitnehmern erfolgte nicht automatisch nach einer bestimmten Anzahl von Fehltagen, sondern in jedem Einzelfall abhängig vom individuellen Sachverhalt.
Die Beklagte beschäftigt in dem Betrieb etwa 170 Arbeitnehmer.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei nicht berechtigt, von ihm zu fordern, dass er für jede Krankmeldung unverzüglich eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Ein solches Verlangen unterliege der Mitbestimmung des Betriebsrates. Es handele sich um ein der Regelungen der Ordnung im Betrieb. auch ein kollektiver Bezug sei gegeben. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern sei von einem gleichartigen Verlangen betroffen. Der kollektive Bezug sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte sich entschlossen habe ihre Entscheidung von Fall zu Fall zu treffen. Auch dadurch sei jeder Arbeitnehmer betroffen, da er damit rechnen müsse in den Kreis derjenigen einbezogen zu werden, denen eine Vorlagepflicht auferlegt wird. Die Beklagte habe auch nicht billiges Ermessen gewahrt.
Der Kläger hat – soweit noch von Interesse – beantragt,
festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, sofort für jede Krankmeldung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich bei der Beklagten vorzulegen.
Die Beklagte meint, sie sei berechtigt vom Kläger für jede Krankmeldung sofort eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen. Ein kollektiver Tatbestand liege nicht vor. Es handele sich um eine individuelle Maßnahme gegenüber dem Kläger. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehen nicht. Ihr Verlangen entspreche auch billigem Ermessen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich dieses Feststellungsantrags abgewiesen mit Urteil vom 12. September 2007 auf das Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf das Protokoll der Sitzung vom 06. August 2008 (Blatt 123 der Akten) verwiesen.
Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und verfolgt seinen abgewiesenen Klageantrag weiter.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger kann die begehrte Feststellung nicht verlangen.
Die Beklagte ist berechtigt, von ihm zu fordern, dass er für jede Krankmeldung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich bei der Beklagten vorlegt.
I.
Diese Maßnahme unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. Es ist davon auszugehen, dass die Regelung der Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eine Frage der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb ist (BAGE vom 25. Januar 2000 – 1 ABR die 3/99). Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt aber einen kollektiven Tatbestand voraus (BAG GS vom 03. Dezember ...