Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz des Versicherten gegen eine auf Veranlassung des Grundsicherungsträgers vorzeitige Rentenbewilligung
Orientierungssatz
Wendet sich ein Versicherter gegen eine ihm vom Rentenversicherungsträger bewilligte Leistung, so kann ihm das für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Der Rentenempfänger kann sich sowohl gegen die Aufforderung des Grundsicherungsträgers als auch gegen dessen Ersatzrentenantrag zur Wehr setzen. Die Aufforderung zur Rentenantragstellung ist Verwaltungsakt i. S. von § 31 S. 1 SGB 10. Bei vom Rentenbezieher beantragtem einstweiligem Rechtsschutz hat das Gericht zu prüfen, ob die aufschiebende Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen ist. Einstweiliger Rechtsschutz ist zu bewilligen, weil der Versicherte einerseits die Rentenleistung nicht beantragt hat und andererseits ein frühzeitiger Rentenbezug zu Abschlägen gemäß § 77 SGB 6 führt.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. September 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die gewechselten Schriftsätze (vgl. § 136 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) Bezug genommen.
Ebenso wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Rentenakte der Antragsgegnerin und der beigezogenen Akten L 7 AS 750/15 B ER, L 7 AS 1036/15 B ER und L 7 AS 454/16 B ER, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Eilantrag als unbegründet abgelehnt und sich zur Begründung darauf gestützt, der Ersatzrentenantrag des Beigeladenen auf der Grundlage des § 5 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) sei offensichtlich rechtmäßig. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragstellerin teile das Gericht nicht.
Die am 6. Oktober 2016 bei dem Hessischen Landessozialgericht erhobene Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. September 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Rentenbescheid vom 26. August 2016 einstweilen nicht zu erfüllen, hilfsweise,
den Beigeladenen zu verpflichten, einstweilen den Rentenantrag zurückzunehmen,
ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Eilantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Zunächst folgt der Senat die Auffassung der Antragstellerin nicht, es liege ein von dem Sozialgericht fehlerhaft geführtes Verfahren vor. Zum einen hat das Sozialgericht nicht gegen § 142 Abs. 2 Satz 1 SGG verstoßen, denn ein Begründungsausfall liegt gerade nicht vor. Auch wenn die Begründung im angefochtenen Beschluss knapp gehalten ist, genügen doch die gegebenen Hinweise auf § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die insoweit nicht geteilten verfassungsrechtlichen Bedenken dem gesetzlichen Begründungserfordernis. Zum anderen kann auch kein entscheidungsrelevanter Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs bejaht werden. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren zwar insoweit vorgetragen, ein Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30. August 2016 sei ihr erst zusammen mit dem angefochtenen Beschluss übersandt worden, sodass sie sich hierzu nicht mehr habe äußern können. Ein solcher Schriftsatz ist nicht Bestandteil der Gerichtsakte, jedoch von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 4. November 2016 vorgelegt worden. Gründe dafür, dass der Schriftsatz vom 30. August 2016 nicht in der Gerichtsakte abgeheftet worden ist, sind für den Senat nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat darin jedoch lediglich mitgeteilt, der (Ersatz-) Rentenantrag sei bereits mit Bescheid vom 26. August 2016 beschieden worden. Hierbei handelt es sich nicht um neuen Vortrag, denn die Antragstellerin hat auf diesen Bescheid bereits in ihrer Beschwerdeschrift Bezug genommen. Darüber hinaus enthält der genannte Schriftsatz der Antragsgegnerin den Hinweis auf das bereits bei dem erkennenden Gericht anhängige Verfahren L 7 AS 454/16 B ER sowie die Mitteilung, die Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe werde in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die Ausführungen der Antragsgegnerin waren offensichtlich für die inhaltliche Entscheidung des Eilantrages nicht relevant. So hat auch die Antragstellerin nicht ausgeführt, welcher weitere Vortrag in Kenntnis des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 30. August 2016 erfolgt wäre. Damit steht, auch wenn die nicht rechtzeitige Übersendung des Schriftsatzes der Antragsgegnerin als verfahrensfehlerhaft zu beurteilen wäre, dies in keinem Ursachenzusammenhang mit der angefochtenen Ablehnung des Eilantrages. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist ohnehin die Zurückverweisung des Verfahrens an das Sozialgericht in entsprechen...