Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Berücksichtigung des im Strafvollzug erzielten Arbeitsentgelts bei der Bestimmung des für das Arbeitslosengeld maßgeblichen Bemessungsentgelts
Orientierungssatz
1. Die in einer Justizvollzugsanstalt gegen Arbeitsentgelt ausgeübte Beschäftigung begründet kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis i. S. von § 25 SGB 3.
2. Beitragsrechtlich setzt eine Beschäftigung voraus, dass ein freiwilliges, auf den Austausch von Arbeit und Lohn gerichtetes Beschäftigungsverhältnis begründet wird. Hieran fehlt es bei der Haft im Strafvollzug, weil die Arbeitstätigkeit in einer Justizvollzugsanstalt auf gesetzlichem Zwang nach § 41 Abs. 1 StVollzG beruht.
3. Kann damit das während der Haft erzielte Entgelt für die Bemessung des Arbeitslosengeldes nicht herangezogen werden, so ist zur Bestimmung des maßgeblichen Bemessungsentgelts nach § 132 Abs. 2 ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb eines auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festzustellen ist.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Kosten der Berufung sind auch nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger zu bewilligenden Arbeitslosengeldes ab 14. November 2005.
Der 1955 geborene Kläger beendete im Jahre 1989 eine Berufsausbildung zum Schriftsetzer, die er 1987 begonnen hatte. Nach Arbeitslosigkeit übte er in der Folgezeit bis zur Aufnahme seiner Strafhaft Beschäftigungen als ungelernter Arbeitnehmer aus. Am 14. November 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. Der Arbeitsbescheinigung der Justizvollzugsanstalt B. vom 9. November 2005 ist zu entnehmen, dass der Kläger vom 17. März 2003 bis 18. August 2005 nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III eine versicherte Tätigkeit ausübte. Den nachgereichten Lohnscheinen der JVA nach handelte es sich um eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter gegen beitragspflichtige Bruttobezüge in Höhe von monatlich 282,74 € bis 387,67 €.
Mit Bescheid vom 29. November 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 14. November 2005 für längstens 300 Tage nach einem fiktiven täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 64,40 € nach Leistungsgruppe A, ohne Kindermerkmal - täglicher Leistungssatz 45,40 € -. Dagegen legte der Kläger am 2. Januar 2006 zur Niederschrift bei der Beklagten Widerspruch mit der Begründung ein, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld beruhe auf einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der JVA. Daher sei er mit einer fiktiven Einstufung des maßgeblichen Bemessungsentgelts nicht einverstanden. Er sehe in der nur fiktiven Einstufung eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitnehmern als ehemaliger Strafgefangener.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2006, laut Aktenvermerk am selben Tage zur Post aufgegeben, als unbegründet zurück. Dabei führte sie zur Begründung im Wesentlichen aus, das bewilligte Arbeitslosengeld sei sogar rechtswidrig zu hoch festgesetzt. Der Kläger sei zwar als Strafgefangener versicherungspflichtig gewesen. Dabei habe es sich aber nicht um eine Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis gehandelt, so dass auf das dort erzielte Entgelt nicht abgestellt werden könne. Vielmehr sei nach § 132 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, weil ein Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung in einem Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festzustellen sei. Stehe der Widerspruchsführer nur der Vermittlung in Helfertätigkeiten zur Verfügung, richte sich das fiktive Bemessungsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 4, für die ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 48,30 € im Jahre 2005 festzusetzen sei. Daraus ergebe sich eigentlich nur ein täglicher Leistungssatz in Höhe von 20,54 €.
Nachdem der Kläger gegen die Rücknahme-, Erstattungs- und Aufhebungsbescheide der Beklagten wegen des nach ihrer Auffassung zuviel gezahlten Arbeitslosengeldes Widerspruch eingelegt hatte, nahm sie diese zurück, weil sie nach rechtlicher Überprüfung in den Widerspruchsverfahren die Rücknahme- bzw. Aufhebungsvoraussetzungen nicht als gegeben ansah.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2006 hat der Kläger am Montag, 1. März 2006 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 11. Juli 2009 mit Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2011 ohne mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, auch der Änderungsbescheid vom 13. März 2006, mit dem die Beklagte ab dem 14. März 2006 Arbeitslosengeld nur noch in verminderte Höhe bewilligt habe, sei nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Unter Einbeziehung dieses...