1.1 Die Gestaltung der virtualisierten Arbeitswelt
Die bedeutenden Megatrends unserer Zeit sind neben der Globalisierung und demographischen Entwicklung vor allem die zunehmende Bedeutung von Wissen und Kreativität als neue Produktionsfaktoren sowie die Flexibilisierung der Arbeit. 80% aller Innovationen entstehen in der persönlichen Kommunikation (Thomas Allen, MIT). Den Wissens- und Erfahrungsaustausch der Mitarbeiter zu organisieren ist daher eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Internet- und Web-2.0-Technologien ermöglichen die globale Vernetzung von Organisationen und Personen und eröffnen Unternehmen neue Möglichkeiten des Wissensmanagements und der Arbeitsorganisation. Der als Enterprise 2.0 bezeichnete interne und externe Einsatz von Social-Networking-Plattformen, zu denen unter anderem Wikis, Blogs, Foren und soziale Netzwerke zählen, ist Folge und gleichermaßen Treiber dieser Entwicklung. Der Wandel zum Enterprise 2.0 vollzieht sich evolutionär und bedingt mehr als nur die Integration der Web 2.0-Technologien in die technische Infrastruktur des Unternehmens. Vielmehr ist Enterprise 2.0 eine ganzheitliche Unternehmensphilosophie, die auf personalisierten Wissenstransfer, Selbstorganisation, flache Hierarchien, Vernetzung, Kollaboration und Partizipation setzt.
Die dabei entstehenden virtualisierten und digitalisierten Organisationsformen erfordern die Veränderung zentraler Planungs- und Steuerungsprozesse. Unternehmenslenker sind in diesem Umfeld noch stärker als bisher als Impulsgeber und Vorbilder gefordert. Sie definieren den Rahmen, in dem intern und extern kommuniziert wird, Wissen und Information geteilt wird, Mitarbeiter Verantwortung übernehmen und die neuen Freiräume selbstorganisierter Arbeit nutzen können. Vor der Entscheidung, das Unternehmen zum Enterprise 2.0 entwickeln zu wollen, müssen alle bisher gesetzten Ziele auf den Prüfstand. Vision, Mission und Leitbild müssen neu formuliert und strategisch verankert werden. Zwar haben viele Unternehmen die Bedeutung des neuen Produktionsfaktors Wissen erkannt und das Teilen von Wissen in ihren Leitbildern aufgenommen, doch ist die Realität in den meisten Unternehmen noch weit von der Vision entfernt. Das Erfahrungswissen verbleibt trotz aller Bemühungen um den persönlichen, direkten Wissensaustausch und dem vielfältigen Angebot an Web 2.0-Tools noch zu oft in den Köpfen der Mitarbeiter. Voraussetzung für den effektiven Austausch des intern vorhandenen Erfahrungswissens ist die rasche und einfache Identifikation von Experten und die Möglichkeit der Vernetzung zwischen Mitarbeitern. Die Institutionalisierung und Förderung des Wissenstransfers bedarf eines ganzheitlichen Changeprozesses mit strategischer Aufmerksamkeit und Ressourcenbindung, einer langfristig ausgerichteten Kommunikationsstrategie sowie wirksamen Anreizsystemen. Der organisatorisch-kulturelle Wandel kann nicht im Rahmen eines isolierten Projekts gelingen.
Quelle: Social Business Case Study: BASF - Creating Chemistry with an Online Business Network
Mit der Zunahme an Wissensarbeit und der Entwicklung der Web 2.0-Technologien geht die Flexibilisierung der Arbeitswelt einher. Die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitszeitmodelle werden flexibler und die Mobilität nimmt zu. Für Wissensarbeiter ist die anwesenheitsgebundene und am persönlichen Schreibtisch orientierte Tätigkeit nicht mehr zeitgemäß. Atmende Arbeitslandschaften entstehen, die für unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Kommunikation, Interaktion und Konzentration multiple Office-Lösungen bieten. Enterprise 2.0 und Flexible-Office-Konzepte erfordern die ganzheitliche Betrachtung der Arbeitsgestaltung sowie eine umfassende Change Management Begleitung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der emotionalen/psychologischen Hintergründe, die Veränderungen bei Führungskräften und Mitarbeitern auslösen.
1.2 Ausrichtung der Personalstrategien auf die künftigen Arbeitswelten
Die Geschwindigkeit, mit der sich die virtualisierten und digitalisierten Arbeitswelten des Enterprise 2.0 und der Industrie 4.0 entwickeln werden, sind nicht exakt bestimmbar. Experten sprechen von einer evolutionären Entwicklung, die jedoch unseren heutigen Arbeitsbegriff und unsere Arbeitswelt radikal verändern wird. Die erwartbaren künftigen Arbeitswelten und Handlungsfelder müssen frühzeitig in die Unternehmens- und Personalstrategie integriert werden. Wichtige Fragen bei der Überprüfung der Personalstrategie: Welche Bedeutung wird den einzelnen Handlungsfeldern heute beigemessen? Wie radikal werden die Veränderungen in den Handlungsfeldern für das eigene Unternehmen und Umfeld sein? Und wie steht es um die Fähigkeiten der eigenen Organisation, die enormen Herausforderungen zu meistern?
Vor diesem Hintergrund der erwarteten radikalen Veränderungen unserer Arbeitswelt muss sich der Personalbereich jetzt als Strategischer Business Partner und Change Leader beweisen. Diese Rolle kann der Personalbereich nur dann effektiv wahrnehmen, wenn er sich vorausschauend mit den künftigen Arbeitswelten auseinandersetzt und seine Personalstrategien überprüft und neu ...