6.1 Der interne evidente Verstoß: Untreue
In den meisten Unternehmen gehören interne Compliance-Verstöße leider zum Arbeitsalltag. Gerade in solchen Fällen empfiehlt es sich, eine interne Ermittlung durchzuführen. Der Grund dafür liegt insbesondere darin, dass sich gerade Verstöße von den eigenen Mitarbeitern negativ auf das Arbeitsklima auswirken können und im Unternehmen grundsätzlich für eine Ausnahmesituation sorgen. In diesen Fällen kann eine interne Untersuchung somit nicht nur für das externe Ansehen eines Unternehmens von Vorteil sein, sondern auch das interne Arbeitsumfeld schonen, indem der Vorfall diskret behandelt wird. Folgender Beispielfall kann sich in dieser Form in den meisten Unternehmen ereignen.
Aus der Kasse wurde Geld entwendet
In einem mittelständischen Unternehmen wird aufgedeckt, dass sich die Einnahmen in der Unternehmenskasse nicht mit den dazugehörigen Rechnungen und Belegen decken und Geld aus der Kasse entwendet wurde. Auf die Kasse haben 4 verschiedene Mitarbeiter Zugriff, von denen einer die Entdeckung dem Compliance-Beauftragten meldet. Bei dem Entwenden des Geldes aus der Kasse handelt es sich um die Verwirklichung des Straftatbestandes der Untreue In diesem Fall empfiehlt es sich, den Sachverhalt mit Hilfe einer internen Ermittlung aufzuklären und die Polizei zu informieren.
- Zunächst sollte der im Vorfeld ausgearbeitete "Notfallplan" befolgt werden. Der Verstoß wurde dem Compliance-Beauftragten gemeldet, der zunächst die Geschäftsführung informieren muss. Zusammen mit der Geschäftsführung sollten die Beteiligten überlegen, welche Personen an der Aufklärung beteiligt werden müssen. Im vorliegenden Fall wären das die Buchhaltung des Unternehmens sowie die Mitarbeiter, die Zugriff auf die Kasse hatten.
In einem nächsten Schritt müssen umgehend Beweise ermittelt und gesichert werden. Das bedeutet hier, dass sämtliche Belege, die den Verstoß aufgedeckt und bewiesen haben, sichergestellt und verwahrt werden müssen. Dies ist insbesondere unerlässlich, wenn die Speicherung in digitaler Form erfolgt, sodass weitere Mitarbeiter Zugriff auf die Daten haben und diese ggf. verändern könnten. Da es sich vorliegend um einen konkreten Verstoß handelt, besteht die primäre Aufgabe darin, das Ausmaß der Handlung sowie den verantwortlichen Mitarbeiter zu ermitteln.
Neben der Beweissicherung sollte in diesem konkreten Fall umgehend dafür Sorge getragen werden, dass kein Mitarbeiter mehr auf die Kasse oder Rechnungen zugreifen kann.
Wurden die ersten Maßnahmen ergriffen, muss die Geschäftsleitung in Zusammenarbeit mit der Buchhaltung und dem Compliance-Beauftragten den konkreten Sachverhalt sowie das Ausmaß der Handlungen ermitteln:
- Wie viel Geld fehlt insgesamt?
- Welche Rechnungen und Belege stimmen nicht überein?
- Über welchen Zeitraum erfolgte die Entwendung?
Im Zuge der Aufklärung muss die Geschäftsführung in jedem Fall mit ihren Mitarbeitern sprechen. Von der Befragung sind primär die Mitarbeiter betroffen, die unmittelbaren Zugriff auf die Kasse des Unternehmens hatten. In Anbetracht dessen, dass es sich um eine Straftat handelt, sollten die Verantwortlichen die Grundsätze eines fairen Verfahrens beachten. So kann vermieden werden, dass ein eventuelles Geständnis oder eine Aussage eines Mitarbeiters im Zweifelsfalls nicht verwertet werden kann.
6.2 Der Verdachtsfall mit Außenwirkung: Datenschutzverstoß
Neben einem evidenten Verstoß werden Betroffene häufig mit der Situation eines Verdachtsfalls konfrontiert. In diesen Fällen ist besondere Vorsicht geboten, da es dem internen Arbeitsklima ungemein schaden kann, wenn sich herausstellt, dass ein Mitarbeiter zu Unrecht beschuldigt und verdächtigt wurde. Dennoch muss Verdachtsfällen immer nachgegangen werden, da im Zweifelsfall schwere Konsequenzen für das Unternehmen entstehen können.
Anschuldigung wegen Weitergabe von Kundendaten an externe Firma
Der Mitarbeiter eines Großkonzerns ersucht das Gespräch mit der Geschäftsführung und äußert den Verdacht, dass ein weiterer Mitarbeiter des Unternehmens korrupt handelt, indem er Kundeninformationen an die Konkurrenz weitergibt. Seine Behauptung begründet er damit, dass er ein Telefonat des Mitarbeiters mitangehört habe, indem dieser Kundendaten an Firma XY weitergibt, obwohl er dafür offenkundig nicht berechtigt war. In diesem Fall stehen Betroffene vor der Schwierigkeit, dass es sich um bloße "Verdächtigungen" handelt, die im Falle der Wahrheit einen schweren Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung darstellen. Im Falle eines Verstoßes drohen dem Unternehmen nicht nur ein Bußgeld sowie Schadensersatzanforderungen, sondern es besteht zudem eine Meldepflicht an die Behörden. In einem solchen Fall sollte bei einer internen Ermittlung wie auch oben beschrieben vorgegangen werden, mit dem Unterschied, dass zunächst primär aufgeklärt werden sollte, ob sich die Anschuldigungen bewahrheiten. Sollte dies der Fall sein, muss unverzüglich die zuständige Behörde informiert werden, unabhängig davon, ob die interne Ermittlung bereits zu einem konkreten Abschluss gekommen ist.