2.1 Voraussetzungen für die Bewertung von Sachbezug mit Entgeltpunkten (Satz 1)
Rz. 5
Satz 1 regelt die Voraussetzungen, unter denen auch ein Sachbezug mit Entgeltpunkten bewertet werden kann. Eine Bewertung kann erfolgen, wenn
- Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung vorliegen,
- in einem zeitlichen Umfang von mindestens 5 Jahren
- vor dem 1.1.1957 und
- wenn der Versicherte Sachbezüge in wesentlichem Umfang erhalten hat.
Die Sachbezüge sind glaubhaft zu machen; es bedarf nicht des Vollbeweises. Maßstab für die Glaubhaftmachung ist § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
2.1.1 Versicherte Beschäftigung vor dem 1.1.1957
Rz. 6
Die versicherte Beschäftigung muss nach Satz 1 vor dem 1.1.1957 liegen, und zwar vollumfänglich.
2.1.2 Pflichtbeiträge für mindestens 5 Jahre
Rz. 7
In der Zeit vor dem 1.1.1957 müssen Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung vorliegen. Diese müssen tatsächlich gezahlt worden sein. Das ergibt sich zwanglos aus § 55 Abs. 1 Satz 1, wonach Beitragszeiten gerade nur solche Zeiten sind, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind. Ausreichend ist insoweit allerdings auch, wenn sie als gezahlt gelten.
Rz. 8
Für die 5-jährige Pflichtversicherung (= mindestens 60 Monate, § 122 Abs. 2) zählen angebrochene Monate als volle Monate (§ 122 Abs. 1). Die Höhe des Beitrags ist dabei unbeachtlich. Es ist nicht erforderlich, dass die 60 Monate zusammenhängend erfüllt sind. Entscheidend ist lediglich, dass in der Addition – verschiedener Beschäftigungen – insgesamt 60 Monate erfüllt sind. Bei zeitgleicher Mehrfachbeschäftigung gilt nach dem Monatsprinzip aber nur "ein" belegter Monat. Bei der Berechnung von Zeiten ist § 122 zugrunde zu legen.
Rz. 9
Zu berücksichtigen sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung, für die – unabhängig von der Art des Unternehmens, also nicht nur wie typischerweise in der Land- oder Hauswirtschaft – neben Barbezügen Sachbezüge zum Arbeitsentgelt gehörten. Dabei zählen Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling, für die ein Vergleich mit den Tabellen der Anl. 8 zum SGB VI entfällt, ebenso mit, wie Pflichtbeiträge, deren Beitragswert oberhalb der Tabellenwerte liegen (zu den weiteren Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 259 und zu solchen, die nach § 259 gerade keine Berücksichtigung finden vgl. weitergehend auch GRA der DRV zu § 259 SGB VI, Stand: 17.6.2015, Abschn. 3.1).
Rz. 10
Pflichtbeiträge mit Sachbezug |
|
vom 28.6.1950 bis 3.8.1954 |
= 51 Monate |
|
vom 4.1.1955 bis 5.6.1955 |
= 6 Monate |
|
vom 12.1.1956 bis 25.3.1956 |
= 3 Monate |
insgesamt |
60 Monate |
2.1.3 Sachbezüge – neben Barbezug
Rz. 11
Die Sachbezüge – meist freie Kost oder Wohnung – neben Barbezügen müssen Teil des Arbeitsentgelts gewesen sein. Auf die Art der Sachbezüge kommt es aber letztlich nicht an.
Rz. 12
Die Sachbezüge müssen dabei neben dem Barlohn Entgelt für die Beschäftigung, für die die Beiträge entrichtet worden sind, gewesen sein (BSG, Urteil v. 5.11.1974, 4 RJ 233/73, Rz. 11). Die Sachbezüge müssen daher Teil des Arbeitsentgelts gewesen sein; dabei ist es letztlich unerheblich, ob die Sachbezüge bei der Beitragsbemessung überhaupt berücksichtigt wurden oder nicht (vgl. auch GRA der DRV zu § 259 SGB VI, Stand: 17.6.2015, Abschn. 3.2).
Rz. 13
Bestand die Entlohnung nur aus Sachbezügen oder wurden Kost oder Wohnung gegen Bezahlung gewährt, z. B. indem die Aufwendungen hierfür vom (vollen) Lohn oder Gehalt abgezogen worden sind, ist § 259 nicht anzuwenden. Auch sonstige vom Arbeitgeber gewährten Vergünstigungen, die kein Arbeitsentgelt waren, werden vom Anwendungsbereich des § 259 nicht erfasst (GRA der DRV zu § 259 SGB VI, Stand: 17.6.2015, Abschn. 3.2).
2.1.4 In wesentlichem Umfang
Rz. 14
Sachbezüge sind als wesentlich anzusehen, wenn sie für den laufenden Unterhalt ins Gewicht fielen, d. h. für den Versicherten von wirtschaftlicher Bedeutung waren
Rz. 15
Zur Auslegung des Begriffs "in wesentlichem Umfang Sachbezüge" noch im Anwendungsbereich der Vorgängervorschriften in ArVNG Art 2 § 55 Abs. 2 hat das BSG (Urteil v. 12.3.1970, 4 RJ 67/66) festgestellt, dass das Gesetz keine Orientierung gibt, woran die Sachbezüge zu messen sind. Der Barbezug ist jedenfalls nicht zwingend der Vergleichsmaßstab. Es verbietet sich daher den Sachbezug in ein wirtschaftliches Verhältnis zum Barbezug zu setzen. Letztlich ist dies eine Frage des Einzelfalls, die sich gerade am Unterhaltsbedürfnis des Versicherten und seiner gesamtwirtschaftlichen Lage auszurichten hat. Die Anforderungen hieran sind nicht zu überspannen.
Rz. 16
Von einem wesentlichen Umfang der Sachbezüge ist daher i. d. R. auszugehen für freie Kost oder Wohnung, nicht dagegen bei gelegentlichen Unterstützungen und geringfügigen Zuwendungen.
2.1.5 Glaubhaftmachung
Rz. 17
Für den Beweis der rechtserheblichen Tatsachen reicht die Glaubhaftmachung aus (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
Rz. 18
Dabei können z. B. Berufsbezeichnungen auf den Versicherungskarten (z. B. Hausgehilfin, Landarbeiter) ein Indiz für die Gewährung von Sachbezügen sein, was aber allein für die Glaubhaftmachung noch nicht ausreicht. Weiteres Kriterium kann sein, ob Sachbezügen bei bestimmten Berufen in der betreffenden Zeit allgemein üblich waren (...