0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 259 ist mit dem Rentenreformgesetz 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) am 1.1.1992 in Kraft getreten (Art. 85 Abs. 1 RRG 1992); durch Art. 1 Nr. 74 des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) v. 25.7.1991 (BGBl. I S. 1606) ist bereits mit Wirkung zum 1.1.1992 Satz 1 ergänzt worden um die Worte "für jeden Teilzeitraum der entsprechende Anteil". Durch Art. 1 Nr. 54 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1824) wurde mit Wirkung ab 1.1.1996 Satz 4 angefügt, der nunmehr die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung regelt. Mit der Bekanntmachung der Neufassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I 2002 S. 754) blieb § 259 unverändert.
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 19.2.2002 ab 1.1.2002.
1 Allgemeines
1.1 Regelungsinhalt und Normzweck
Rz. 2
§ 259 regelt ergänzend zu § 70, dass für Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung vor 1957 von mindestens 5 Jahren, für die neben Barbezügen im wesentlichen Umfang Sachbezüge gewährt wurden, Mindestentgeltpunkte – bezogen auf die Beiträge bzw. Entgelte der Anl. 8 zum SGB VI – zugrunde zu legen sind (vgl. zur Zielsetzung auch BT-Drs. 11/4124 S. 201).
Rz. 3
Sinn von § 259 ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass bis Ende 1956 Sachbezüge bei der Bemessung der Beiträge häufig entweder zu niedrig angesetzt wurden oder gänzlich unberücksichtigt geblieben sind und regelt damit eine Mindestbewertung dieser Beitragszeiten.
1.2 Vorgängervorschriften
Rz. 3a
Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem bis 31.12.1991 geltenden Recht. Insbesondere sind in die Anlage 8 zum SGB VI die bisherigen Werte der Anlage zu Art. 2 § 54 AnVNG bzw. Art. 2 § 55 ArVNG übernommen worden.
1.3 Korrespondierende und ergänzende Vorschriften
Rz. 3b
§ 259 ist eine Sonderregelung zu § 70.
1.4 Gemeinsame Rechtliche Anweisungen der DRV
Rz. 4
Die Deutsche Rentenversicherung hat im Anwendungsbereich des SGB VI umfangreiche Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) geschaffen, die auch § 259 erfassen. Die GRA der DRV zu § 259 hat den Stand 17.6.2015 (i. d. F. des SGB VI-ÄndG v. 15.12.1995, in Kraft getreten am 1.1.1996) und kann online im Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung (rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de) eingesehen werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Voraussetzungen für die Bewertung von Sachbezug mit Entgeltpunkten (Satz 1)
Rz. 5
Satz 1 regelt die Voraussetzungen, unter denen auch ein Sachbezug mit Entgeltpunkten bewertet werden kann. Eine Bewertung kann erfolgen, wenn
- Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung vorliegen,
- in einem zeitlichen Umfang von mindestens 5 Jahren
- vor dem 1.1.1957 und
- wenn der Versicherte Sachbezüge in wesentlichem Umfang erhalten hat.
Die Sachbezüge sind glaubhaft zu machen; es bedarf nicht des Vollbeweises. Maßstab für die Glaubhaftmachung ist § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
2.1.1 Versicherte Beschäftigung vor dem 1.1.1957
Rz. 6
Die versicherte Beschäftigung muss nach Satz 1 vor dem 1.1.1957 liegen, und zwar vollumfänglich.
2.1.2 Pflichtbeiträge für mindestens 5 Jahre
Rz. 7
In der Zeit vor dem 1.1.1957 müssen Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung vorliegen. Diese müssen tatsächlich gezahlt worden sein. Das ergibt sich zwanglos aus § 55 Abs. 1 Satz 1, wonach Beitragszeiten gerade nur solche Zeiten sind, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind. Ausreichend ist insoweit allerdings auch, wenn sie als gezahlt gelten.
Rz. 8
Für die 5-jährige Pflichtversicherung (= mindestens 60 Monate, § 122 Abs. 2) zählen angebrochene Monate als volle Monate (§ 122 Abs. 1). Die Höhe des Beitrags ist dabei unbeachtlich. Es ist nicht erforderlich, dass die 60 Monate zusammenhängend erfüllt sind. Entscheidend ist lediglich, dass in der Addition – verschiedener Beschäftigungen – insgesamt 60 Monate erfüllt sind. Bei zeitgleicher Mehrfachbeschäftigung gilt nach dem Monatsprinzip aber nur "ein" belegter Monat. Bei der Berechnung von Zeiten ist § 122 zugrunde zu legen.
Rz. 9
Zu berücksichtigen sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung, für die – unabhängig von der Art des Unternehmens, also nicht nur wie typischerweise in der Land- oder Hauswirtschaft – neben Barbezügen Sachbezüge zum Arbeitsentgelt gehörten. Dabei zählen Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling, für die ein Vergleich mit den Tabellen der Anl. 8 zum SGB VI entfällt, ebenso mit, wie Pflichtbeiträge, deren Beitragswert oberhalb der Tabellenwerte liegen (zu den weiteren Pflichtbeitragszeiten i. S. v. § 259 und zu solchen, die nach § 259 gerade keine Berücksichtigung finden vgl. weitergehend auch GRA der DRV zu § 259 SGB VI, Stand: 17.6.2015, Abschn. 3.1).
Rz. 10
Pflichtbeiträge mit Sachbezug |
|
vom 28.6.1950 bis 3.8.1954 |
= 51 Monate |
|
vom 4.1.1955 bis 5.6.1955 |
= 6 Monate |
|
vom 12.1.1956 bis 25.3.1956 |
= 3 Monate |
insgesamt |
60 Monate |
2.1.3 Sachbezüge – neben Barbezug
Rz. 11
Die Sachbezüge – meist freie Kost oder Wohnung – neben Barbezügen müssen Teil des Arbeitsentgelts gewesen sein. Auf die Art der Sachbezüge kommt es aber letztlich nicht an.
Rz. 12
Die Sachbezüge müssen dabei neben dem Barlohn Entgelt für die Beschäftigung, für die die Beiträge entrichtet worden sind, gewesen sein (BSG, Urteil v. 5.11.1974, 4 RJ 233/73, Rz. 11). Die Sac...