Rz. 98
Ziel des Grundrentenzuschlags ist es, für langjährig Versicherte eine Alterssicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung i. S. d. Vierten Kapitels des SGB XII – §§ 41 ff. SGB XII – zu schaffen. Es ist daher davon auszugehen, dass die weit überwiegende Anzahl grundrentenberechtigter Rentenempfänger auch im SGB XII-Leistungsbezug stehen. Bei den SGB XII-Leistungen handelt es sich um bedarfsdeckende Leistungen. Diese Leistungen dürfen nicht mit dem Hinweis auf den Grundrentenzuschlag als anderweitiges Einkommen verweigert werden, solange der betroffene Rentner nicht einen positiven Grundrentenbescheid erhält und den Grundrentenzuschlag tatsächlich noch nicht bezieht. Auch eine Rückforderung solcher Grundsicherungsleistungen ist wegen ihres bedarfsdeckenden Charakters nicht möglich, wenn und soweit die Träger der Rentenversicherung – wie angekündigt – im Verlaufe des Jahres 2021 die Grundrentenbescheide verschicken und nachträglich rückwirkend auch Grundrentenzuschläge ab 1.1.2021 nachzahlen. Es steht daher auch im Interesse der Steuerzahler, dass die Rentenversicherungsträger die Grundrente zügig administrieren.
Rz. 99
Wenn die DRV dann die Regelungen zum Grundrentenzuschlag ab Mitte 2021 administrieren wird, wird es auch zu Nachzahlungen kommen. Die Auswirkungen der Nachzahlung des Grundrentenzuschlags auf etwaige bezogene Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung i. S. d. Vierten Kapitels des SGB XII hat der Gesetzgeber indes nicht geregelt. Lediglich durch den neu eingefügten § 82a SGB XII wird ein höherer monatlicher Betrag bei der Einkommensanrechnung berücksichtigt (vgl. hierzu auch Schnell, RVaktuell 2021, Nr. 2, 4). Ansonsten bleibt es bei der Grundregelung des § 43 SGB XII, der in seinem Abs. 1 Satz 1 für den Einsatz des Einkommens die Anwendung der §§ 82 bis 84 SGB XII und für den Einsatz des Vermögens die Anwendung der §§ 90 und 91 SGB XII anordnet.
Rz. 100
Eine Rentennachzahlung stellt nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII dann Einkommen dar, wenn sie tatsächlich wirtschaftlich verfügbar ist. Einkommen ist daher all das, was jemand in Form von Geld oder Geldeswert in der Bedarfszeit "dazu" erhält, sodass Vermögen nur das sein kann, was zu dieser Zeit bereits vorhanden ist (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., Stand: 1.2.2020, § 82 Rz. 25). Rentennachzahlungen stellen daher solche als Einkommen zu bewertenden "bereiten Mittel" dar, die dem Hilfesuchenden eine rechtzeitige Bedarfsdeckung ermöglichen. Hierunter fällt ein in Form einer Rentennachzahlung erzieltes Einkommen erst im Zeitpunkt seines Zuflusses, also im Zeitpunkt der Rentennachzahlung selbst (BVerwG, Urteil v. 26.2.1999, 5 B 137/98; vgl. auch Lücking, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2014, § 82 Rz. 21). Sofern daher Rentennachzahlungen bei einem späteren Bedarf bereits vorhanden sind, was regelmäßig im Folgemonat des Zuflusses der Fall ist, stellen Rentennachzahlungen Vermögen dar. Die Anrechnung erfolgt dann nach §§ 90, 91 SGB XII (zum Meinungsstand der insoweit schwierigen Abgrenzung von Einkommen und Vermögen nach den grundsicherungsrechtlichen Regelungen des SGB XII: vgl. Schmidt, a. a. O., § 82 Rz. 23 ff.).