Rz. 8
§ 2 Abs. 1 bestimmt, dass als Versicherungspflicht die Versicherung kraft Gesetzes oder kraft Satzung zu verstehen ist. Die Regelung hat keine normative Bedeutung; in generalisierender Weise wird lediglich das beschrieben, was in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung geregelt ist (vgl. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, SGB IV, § 2 Rz. 2). Versicherungspflicht kraft Gesetzes meint, dass das Versicherungsverhältnis allein aufgrund eines Gesetzes dann entsteht, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Gestaltender Willenserklärungen bedarf es nicht. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind u. a. Arbeiter und Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht tritt kraft Gesetzes als Rechtsfolge in dem Augenblick ein, in dem jemand den Status eines entsprechenden Arbeiters oder Angestellten begründet. Gesetz i. S. d. Abs. 1 Satz 1 ist das Gesetz im formellen Sinn. Erfasst werden allerdings auch aus Gesetzen abgeleitete Vorschriften; hierzu rechnen Regelungen durch Rechtsverordnung innerhalb der Ermächtigungsgrundlage. Das – weitergehende – Versicherungsverhältnis wird begründet, wenn die in Gesetz oder Satzung vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen. So muss z. B. die eine Versicherungspflicht begründende Beschäftigung aufgenommen worden sein (vgl. BSG, Urteil v. 16.2.2005, B 1 KR 8/04 R).
Rz. 9
Ein "missglückter Arbeitsversuch" ließ nach der inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung des BSG ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis und damit auch Leistungsansprüche nicht entstehen (vgl. BSGE 15 S. 89 = SozR Nr. 25 zu § 165 RVO; BSG, SozR Nr. 44, 53, 61, 63 und 75 zu § 165 RVO; BSG, SozR 2200 § 165 Nr. 2, 4, 33, 34, 66; BSG, SozR 2200 § 306 Nr. 12; BSGE 54 S. 148 = SozR 2200 § 306 Nr. 13; BSGE 54 S. 257 = SozR 2200 § 312 Nr. 14; BSG, USK 7399, 78142, 78196 und 8323). Ein "missglückter Arbeitsversuch" lag vor, wenn objektiv feststand, dass der Beschäftigte bei Aufnahme der Arbeit zu ihrer Verrichtung nicht fähig war oder er die Arbeit nur unter schwerwiegender Gefährdung seiner Gesundheit – etwa unter der Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Leidens – würde verrichten können und wenn er die Arbeit entsprechend der darauf zu gründenden Erwartung vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit aufgegeben hat (BSG, SozR 2200 § 165 Nr. 34; hierzu auch Urteil v. 8.2.2000, B 1 KR 13/99 R, HVBG-INFO 2000 S. 2178; Urteil v. 4.3.2014, B 1 KR 64/12 R, juris).
Nicht hinreichend war danach die Entstehung eines Arbeitsentgeltanspruchs ohne tatsächliche Arbeitsaufnahme, insbesondere bei AU (BSG, Urt. v. 4.3.2014, B 1 KR 64/12 R, juris). Um eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Krankenversicherungsschutzes zu verhindern und das Versicherungsprinzip zu wahren, wurde angenommen, dass in einem solchen Fall trotz Vorliegens eines wirksamen Arbeitsvertrages und tatsächlich geleisteter Arbeit keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung eintritt (BSGE 72 S. 221 = SozR 3-2200 § 165 Nr. 10 S. 20 m. w. N.). Das BSG hat sich von diesem Rechtsinstitut langsam gelöst. Zunächst hat es die hieran in der Literatur geäußerte Kritik ausführlich referiert und sich vorsichtig vom Rechtsinstitut des "missglückten Arbeitsversuchs" distanziert (BSG, Urteil v. 11.5.1993, 12 RK 36/91, SozR 3-2200 § 165 RVO Nr. 10). Später hat es dieses Rechtsinstitut als nicht mehr anwendbar erklärt, weil sich hierfür im Gesetz keine ausreichende Grundlage findet (BSG, Urteil v. 4.12.1997, 12 RK 3/97, BSGE 81 S. 231; BSG, Urteil v. 29.9.1998, B 1 KR 10/96 R, SozR 3-2500 § 5 Nr. 40; hierzu auch LSG Bayern, Urt. v. 5.6.2013, L 12 EG 6/11 und 10.4.2013, L 12 EG 8/11; LSG Hessen, Urteil v. 6.2.2013, L 6 AL 107/10; jeweils juris). Auch nach Aufgabe der Rechtsprechung zum missglückten Arbeitsversuch hat das BSG für das bis zum 31.12.1997 geltende Recht grundsätzlich daran festgehalten, dass Arbeitsfähigkeit in der Regel Grundlage der Beschäftigung und der Beschäftigungsversicherung sei und dem Entstehen der Beschäftigtenversicherung trotz AU Grenzen gesetzt seien, weil der Eintritt der Beschäftigung verlangt werde und darunter regelmäßig die Aufnahme der vereinbarten Arbeit zu verstehen sei. Deshalb sollte nicht in die versicherungspflichtige Beschäftigung eintreten, wer bereits am Beginn des Tages zur Verrichtung der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Beschäftigung nicht fähig war. Das BSG hat die Aussage, dass die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs nicht mehr anzuwenden sei, auf den Rechtszustand seit Inkrafttreten des SGB V beschränkt. Ob dasselbe auch für die zurückliegende Zeit zu gelten hat oder ob für den Geltungszeitraum der RVO die frühere Rechtslage maßgebend bleibt, ist offen geblieben (BSG, Urteil v. 8.2.2000, B 1 KR 13/99, HVBG-INFO 2000 S. 2178).
Rz. 10
Auch eine Versicherungspflicht auf Antrag betrifft eine Versicherungspflicht i. S. d. § 2 Abs. 1. Sie ist von einer Versicherungsberechtigung zu unterscheiden. Der Antrag is...