Rz. 5
Beitragsansprüche werden, wenn über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder den Entgeltanspruch ein arbeitsgerichtliches Verfahren schwebt, grundsätzlich erst mit dessen rechtskräftiger Beendigung fällig, weil erst dann die für die versicherungsrechtliche Beurteilung erforderlichen Tatsachen feststehen (BSG, Urteil v. 13.8.1996, 12 RK 76/94, unter Bezug auf Urteil v. 25.9.1981, 12 RK 58/80, sowie v. 30.8.1994, 12 RK 59/92). Die Verjährungsfrist beginnt daher frühestens mit dem Abschluss des Vergleichs vor dem Arbeitsgericht bzw. der Rechtskraft des entsprechenden Urteils zu laufen, sodass die auf das nachzuzahlende Arbeitsentgelt entfallenden Beträge – auch für mehr als 4 Jahre zurückliegende Zeiträume – nicht verjähren und daher zu entrichten sind.
Rz. 5a
Oftmals ergibt sich die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen anlässlich einer vom Rentenversicherungsträger beim Arbeitgeber durchgeführten Betriebsprüfung. Die Rentenversicherungsträger stellen dann die Höhe der nachzufordernden Beiträge fest, die Krankenkassen werden von den Rentenversicherungsträgern über die nachgeforderten Beiträge informiert und erheben sie beim Arbeitgeber nach. Auch die nachzuerhebenden Beiträge verjähren in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit. Soweit die Beiträge allerdings vorsätzlich hinterzogen worden sind, verjähren sie erst in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem Fälligkeit eingetreten ist.
Die Rentenversicherungsträger erwarten von den Arbeitgebern, dass sie den nach einer Prüfung durch das Finanzamt ergehenden Lohnsteuerhaftungsbescheid auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht auswerten. Wenn in dem Lohnsteuerhaftungsbescheid Arbeitsentgelt als lohnsteuerpflichtig ausgewiesen ist, hat das zumeist wegen der engen Anknüpfung des Beitragsrechts der Sozialversicherung an das Steuerrecht auch Auswirkungen auf die Beitragspflicht dieser lohnsteuerpflichtig gewordenen Bezüge. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, den Lohnsteuerhaftungsbescheid auch sozialversicherungsrechtlich auszuwerten oder bei Zweifelsfragen bei der Krankenkasse nachzufragen und sich zu vergewissern, ob auch Beitragspflicht zur Sozialversicherung vorliegt. Unterlässt der Arbeitgeber eine solche Prüfung oder Anfrage, nimmt er billigend in Kauf, dass Beiträge nicht gezahlt werden. Ergeben sich nach Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheids durch den prüfenden Rentenversicherungsträger Beitragsnachforderungen, verjähren diese erst nach 30 Jahren, weil die Nichtauswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheids hinsichtlich der Beitragspflicht zur Sozialversicherung als vorsätzliche Beitragshinterziehung angesehen wird.
Bei Betriebsprüfungen ist zumeist strittig, in welchem Umfang für bereits ausgeschiedene Beschäftigte Beiträge nacherhoben werden dürfen. Der Arbeitgeber hat die ihm obliegende gesetzlich vorgeschriebene Melde-, Auskunfts- und Aufzeichnungspflicht ordnungsgemäß zu erfüllen. Hat er diese Pflichten verletzt und kann der prüfende Rentenversicherungsträger die Sozialversicherungspflicht der ausgeschiedenen Beschäftigten im Einzelfall nicht mehr feststellen, trägt der Arbeitgeber für die von ihm in Anspruch genommene Sozialversicherungsfreiheit nach dem Urteil des BSG v. 29.4.1976 (12/3 RK 66/75) die Beweislast. Soweit der Arbeitgeber den Beweis über die Sozialversicherungsfreiheit der ausgeschiedenen Beschäftigten nicht führen kann, hat er die nacherhobenen Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Ein Rückgriff auf die ausgeschiedenen Beschäftigten ist zumeist wegen der Regelungen in § 28g nicht mehr möglich, sodass der Arbeitgeber im Ergebnis auch die Arbeitnehmeranteile der nacherhobenen Beiträge zu übernehmen hat.