Rz. 10
Durch die mit dem 1. SGB IV-ÄndG v. 3.4.2001 (BGBl. I S. 467) durchgeführte Änderung dieser Vorschrift wird § 6 Abs. 2 HGrG nunmehr vollends Rechnung getragen. Während es sich bisher um eine Soll-Vorschrift handelte, ist nun an ihre Stelle eine Muss-Vorschrift für alle finanzwirksamen Maßnahmen getreten (vgl. Rz. 1). Dadurch wurde der bislang den Sozialversicherungsträgern eingeräumte weitestgehende Spielraum ganz erheblich eingeschränkt.
Nach der Begründung zur Änderung des § 69 Abs. 3 sollen von der Verpflichtung zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen alle finanzwirksamen Maßnahmen betroffen sein, also nicht nur Verwaltungs- und Investitionsausgaben, sondern auch die Sozialleistungen selbst. Lediglich bei den im Grunde und in der Höhe nach feststehenden Sozial- bzw. Pflichtleistungen sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nicht erforderlich. Die zur Zahlung führenden Verwaltungsabläufe, die Art und Weise der Erfüllung von Sachleistungsansprüchen sowie die über den gesetzlichen Mindestrahmen hinausgehenden Mehrleistungen sollen jedoch Gegenstand angemessener Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen sein. Auch wird es als sinnvoll erachtet, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in den Fällen durchzuführen, in denen sich ein Sozialversicherungsträger zur Erfüllung seiner Aufgaben eines Dritten bedient.
Der Umfang der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung muss der finanzwirksamen Maßnahme angemessen sein. Das heißt, die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung selbst muss auch wirtschaftlich erstellt werden. Dabei ist aber zu beachten, ob es sich um einmalige oder wiederkehrende Vorgänge handelt. Vor allem aber ist zu beachten, dass das Gesamtvorhaben betrachtet wird und nicht etwa einzelne Beschaffungsmaßnahmen eines Vorhabens (z. B. die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, welches aber Teil einer Aufklärungskampagne zu neuen gesetzlichen Leistungen ist).
Ein Grenzwert, bis zu dem Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nicht erstellt werden müssen, existiert nicht und ist dementsprechend in der Verwaltungspraxis auch nicht zulässig. Es ist aber möglich und für die Verwaltungspraxis auch hilfreich, Standardmaßnahmen zu definieren, die in vergleichbarer Art wiederholt durchgeführt werden und damit nur bei der erstmaligen Durchführung – dafür aber besonders gründlich – mit einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung analysiert und entschieden werden müssen (z. B. die Ausstattung einer nach den Anforderungen nach Abs. 6 bemessenen Personalstelle eines Büroarbeitsplatzes mit der üblicherweise notwendigen Büroausstattung wie Schreibtisch, Stuhl, PC usw.). Insofern ist dann nur noch der Bedarf an sich zu belegen (z. B. die Tatsache, dass eine neue, bemessene Stelle ausgestattet werden muss), nicht aber alle einzelnen Ausstattungen mit Alternativenprüfungen und ähnlichem.
Phasen:
Im zeitlichen Ablauf einer finanzwirksamen Maßnahme sind Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zu erstellen in
- der Planungsphase
- der Realisierungsphase und
- der Nachbetrachtungsphase.
Auch bei Änderungen des Maßnahmenverlaufs, wenn sich neue Handlungsoptionen ergeben oder die ursprünglichen Entscheidungsparameter nicht mehr aktuell sind, ist die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu aktualisieren. Denn sie dient auch während der Maßnahmenrealisierung i. d. R. als Entscheidungsgrundlage bei Teilrealisierungen und bedarf daher immer einer Anpassung an die aktuell vorliegenden Parameter. Dadurch kann im Maßnahmenverlauf entschieden werden, ob gegenüber der Erstplanung umgesteuert werden muss oder das Vorhaben eventuell sogar ganz eingestellt werden sollte.
Die Erfolgskontrolle (begleitend während der Maßnahme und abschließend nach Ende der Maßnahme) dient dazu, die Zielerreichung und die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme zu prüfen sowie zu beurteilen, ob die Maßnahme ursächlich für die Zielerreichung war (Wirksamkeitskontrolle).
Methoden:
Es ist im Sinne der Angemessenheit die jeweils als einfachste und als wirtschaftlichste eingeschätzte Methode zu wählen. Grundsätzlich werden die Methoden in einzel- und gesamtwirtschaftliche Verfahren klassifiziert. Einzelwirtschaftliche Verfahren betreffen nur den einzelnen Sozialversicherungsträger; sofern eine Maßnahme auch andere Sozialversicherungsträger berührt (z. B. bei Kooperationen) oder erhebliche gesamtwirtschaftliche Auswirkungen erwarten lässt, ist eine gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu erstellen.
Inwiefern das Ergebnis einer sozialversicherungsträgerübergreifenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die ggf. gegenteilig aufgefallenen Ergebnisse von trägerindividuellen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen "überstimmt", ist nicht geregelt. In jedem Fall hat aber jeder Sozialversicherungsträger immer auch eine eigene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für seine Sicht und bezüglich der finanziellen Auswirkungen auf seinen Haushalt zu fertigen, denn jeder Träger hat auch für sich die Vorgaben des Abs. 3 zu beachten. Inwiefern die etwa in § 86 SGB X festgeschriebene Pflicht zur engen Zusammenarbeit der Leistungsträger bei den betroffenen Auf...