2.1 Voraussetzungen (Satz 1)
Rz. 2
Voraussetzung für die Durchführung des Nachtragshaushaltsverfahrens ist, dass der Vorstand (bei der Bundesagentur für Arbeit: der Verwaltungsrat) in überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgaben nach § 73 Abs. 1 nicht einwilligt. Die Nichteinwilligung kann darauf beruhen, dass die Voraussetzungen nach § 73 Abs. 1 nicht erfüllt sind und somit eine Einwilligung rechtlich nicht zulässig ist. Das Nachtragshaushaltsverfahren kann aber auch durchgeführt werden, wenn eine Einwilligung nach § 73 Abs. 1 zulässig wäre, ein Nachtragshaushalt jedoch für zweckmäßiger gehalten wird, z. B. bei umfangreichen gesetzlichen Änderungen mit wesentlichen Auswirkungen auf den Haushaltsplan. Ein Nachtragshaushalt beschränkt sich nicht auf einen einzelnen über- oder außerplanmäßigen Bedarf, sondern berücksichtigt angemessen, wenn die bisherige und abzusehende weitere Entwicklung wesentlicher Einnahmen, Ausgaben und überjährig zahlungswirksamen Verpflichtungen stark von den Annahmen abweicht, die der Veranschlagung zugrunde gelegen hatten. Dementsprechend treten zu den bisherigen Ansätzen Mehr- oder Mindereinnahmen, Mehr- oder Minderausgaben sowie Mehr- oder Minderbedarfe bei Verpflichtungsermächtigungen hinzu.
Ein Nachtragshaushaltsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn zusätzlicher Bedarf an Planstellen und Stellen und/oder an Stellenhebungen ausgeglichen werden muss. Da Stellenmehrungen und Stellenhebungen in § 73 Abs. 1 nicht aufgeführt sind, können überplanmäßig oder außerplanmäßig keine Stellenmehrungen und/oder Stellenhebungen erfolgen.
Bei der Einleitung eines Nachtragshaushaltsverfahrens ist i. d. R. bereits ein Haushaltsplan festgestellt. Ist dies noch nicht der Fall, ist der vom Vorstand aufgestellte Haushaltsplan (vgl. § 70 Abs. 1) entsprechend zu ergänzen.
Die Aufstellung des Nachtragshaushalts ist spätestens innerhalb des Haushaltsjahres erforderlich, für das er gelten soll (vergleichbar mit der Regelung des § 33 Satz 2 BHO im Haushaltsrecht des Bundes, wonach der Entwurf für Nachträge bis zum Ende des Haushaltsjahres einzubringen ist).
2.2 Verfahren (Satz 2)
Rz. 3
Die Gliederung des Nachtragshaushaltsplans richtet sich nach den betroffenen Haushaltsstellen. In der horizontalen Gliederung der betroffenen Haushaltsstellen sind im Nachtragshaushaltsplan hinsichtlich des Geldansatzes der bisherige Geldansatz, das Mehr oder Weniger und der neue Geldansatz darzustellen. Nachträge verändern im Regelfall auch den Haushaltsausgleich. Er bliebe dann nur unberührt, wenn alle Mehr- und Mindereinnahmen sowie alle Mehr- und Minderausgaben sich vollständig ausgleichen oder wenn lediglich höhere oder geringere Verpflichtungsermächtigungen betroffen wären.
Ob und in welchem Umfang dem Nachtragshaushaltsplan Anlagen beizufügen sind, lässt sich nur im Einzelfall und unter Berücksichtigung der erforderlich gewordenen Änderungen beantworten.
Die jeweiligen Vorschriften für
- die Auf- und Feststellung des Haushaltsplans (§§ 67 bis 69, §§ 70, 71, 71a und 71b sowie 71d bis 71f),
- eine erforderliche Vorlage des Haushaltsplans an die Aufsichtsbehörde (bei der gesetzlichen Krankenversicherung, den Regionalträgern der gesetzlichen Rentenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung) bzw. an die Bundesregierung (bei der Deutschen Rentenversicherung Bund),
- eine erforderliche Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, der Unfallversicherung Bund und Bahn sowie der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) bzw. durch die Bundesregierung (bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Bundesagentur für Arbeit),
- die vorläufige Haushaltsführung (§ 72)
sind für einen Nachtragshaushaltsplan des Versicherungsträgers entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, auch ein Nachtragshaushaltsplan ist durch den Vorstand auf- und durch die Vertreterversammlung (bei den Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen und den Ersatzkassen sowie der Bundesagentur für Arbeit: durch den Verwaltungsrat) festzustellen. Sofern für den Haushaltsplan vorgeschrieben, ist auch ein Nachtragshaushaltsplan der Aufsichtsbehörde oder der Bundesregierung vorzulegen bzw. durch die Aufsichtsbehörde oder die Bundesregierung genehmigen zu lassen.
Vorgesehene Beanstandungsfristen beginnen ab dem Zeitpunkt der Vorlage, können jedoch im Hinblick auf den geringeren Umfang des Nachtragshaushaltsplans und wegen der erforderlichen Terminierung der Sitzung der Vertreterversammlung (bzw. des Verwaltungsrats) einvernehmlich abgekürzt werden. Erforderlichenfalls kann ein Beschluss über die notwendige vorläufige Haushaltsführung zusammen mit dem Beschluss über die Aufstellung des Nachtragshaushaltsplans kombiniert werden.