2.1 Anlage und Verwaltung der Mittel (Abs. 1)
2.1.1 Anlagesicherheit
Rz. 2
Bereits die Formulierung "erscheint" verdeutlicht, dass im Rahmen der Mittelverwaltung der völlige Ausschluss eines Verlustes nicht zu erreichen ist. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass bei vernünftiger prognostischer Betrachtung ein Verlustrisiko so weit wie möglich gemindert und eine im Verhältnis zu anderen Anlagemöglichkeiten vorteilhafte Sicherheit gewährleistet wird (BSG, Urteil v. 18.7.2006, B 1 A 2/05 R; zur Folge eines Verlustes vgl. Breitkreuz, a. a. O., § 80 Rz. 12; zur Zulässigkeit von Negativzinsen vgl. Borrmann, WzS 2017 S. 78).
Der Grundsatz der Anlagesicherheit bezieht sich sowohl auf die Anlageinstitution als auch auf das Anlageprodukt und verbietet spekulative Geschäfte (BSG, Urteil v. 3.3.2009, B 1 A 1/08 R). Zu letzteren zählen etwa die Anlage in Aktien oder in Fonds mit deutlichem Aktienanteil ohne besondere Einlagensicherung (ausnahmsweise zulässig dagegen der Pflegevorsorgefonds, vgl. § 134 Abs. 2 SGB XI) und unmittelbar oder mittelbar kreditfinanzierte Anlagen, denn eine Kreditaufnahme ist den Krankenkassen grundsätzlich nicht gestattet (BSG, Urteil v. 3.3.2009, a. a. O.). Die genehmigungspflichtige Gründung einer privatrechtlichen Beratungsgesellschaft als Vermögensanlage kann die Verankerung bestimmter Kontroll- und Prüfungsrechte der Aufsichtsbehörde im Gesellschaftsvertrag verlangen (BSG, Urteil v. 16.11.2005, B 2 U 14/04 R).
Orientierungspunkte für die Beurteilung der Sicherheit ergeben sich zum einen aus den anerkannten Sicherungsformen (z. B. dingliche Sicherung, Forderungsabtretung, Bürgschaft) und zum anderen aus den vom Gesetzgeber zugelassenen Anlegungsformen im Katalog des § 83 Abs. 1 sowie aus den Regelungen in § 84 hinsichtlich der Beleihung von Grundstücken und in § 23a KWG betreffend Sicherungseinrichtungen der Kreditinstitute.
Für die Geldanlagen der Sozialversicherungsträger sind in Ermangelung eines Entschädigungsanspruchs nach der gesetzlichen Einlagensicherung (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AnlEntG) die freiwilligen Sicherungseinrichtungen und institutssichernden Einrichtungen von elementarer Bedeutung, da diese Gewährleistungsform Voraussetzung für die Zulässigkeit bestimmter Anlageformen ist (vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 2 und 4b).
Zur Vermeidung eines sog. "Klumpenrisikos" sind die anzulegenden Mittel breit zu mischen und zu streuen (hierzu Borrmann, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 80 Rz. 4c).
2.1.2 Rentabilität
Rz. 3
Die Verpflichtung zur Erzielung eines angemessenen Ertrages folgt nicht nur aus § 80 Abs. 1, sondern auch bereits aus dem für die gesamte öffentliche Verwaltung geltenden Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung (vgl. § 69 Abs. 2; vgl. auch § 6 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz).
Der Begriff Ertrag meint dabei nicht nur die geldwerte Verzinsung bzw. Rendite, sondern kann auch sonstige immaterielle Vorteile erfassen (vgl. etwa Beteiligung an gemeinnützigen Einrichtungen, Darlehen für gemeinnützige Einrichtungen, Anlagen für soziale Zwecke gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 3). Die Angemessenheit des Ertrags beurteilt sich nach der jeweiligen Lage am Geld- und Kapitalmarkt unter Berücksichtigung des Anlagezwecks. Angemessen ist ein Ertrag regelmäßig dann, wenn er marktüblich ist. Dies ist der Fall, wenn er der für diese Anlageart im Verkehr allgemein zu erzielenden Rendite entspricht (Brandt, a. a. O., § 80 Rz. 35). Als Orientierung für die Marktgerechtigkeit von Geldanlagen sind die Geldmarktzinssätze in Relation zu der Laufzeit der Geldanlage heranzuziehen (etwa EONIA oder EURIBOR). Der im Sozialrecht verschiedenenorts (vgl. § 44 Abs. 1 SGB I und § 27 Abs. 1 Satz 1) festgelegte Zinssatz von 4 % eignet sich dagegen nicht als Maßstab für die zu erzielenden Erträge, weil dem Sozialgesetzgeber keine Gestaltungskompetenz für den Kapitalmarkt zusteht (Borrmann, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 80 Rz. 5 f.) und den Sozialversicherungsträgern in Zeiten von Niedrigzinsen damit nur spekulative Anlagen verblieben (zum entsprechenden Verbot: BSG, Urteil v. 3.3.2009, a. a. O., Rz. 32 m. w. N.). Für die Anlage von Wertguthaben sind über § 7d die Anlagevorschriften des Vierten Titels des Vierten Abschnitts des SGB IV zu beachten. Bezeichnenderweise nicht maßgeblich sein soll nach der Wortwahl des Gesetzgebers der "maximal mögliche" oder auch nur "möglichst hohe" Ertrag einer Anlage; vielmehr ist in der Beschränkung auf die Angemessenheit eine Relativierung der Ertragserzielung gegenüber dem Gesichtspunkt der Anlagensicherheit zu sehen (vgl. BSG, Urteil v. 18.7.2006, B 1 A 2/05 R, Rz. 29).
2.1.3 Liquidität
Rz. 4
Die Liquidität einer Vermögensanlage erfordert, dass der Versicherungsträger stets ausreichend kurzfristig verfügbare und dabei ohne erhebliche finanzielle Nachteile aufzulösende Mittel zur Deckung seiner laufenden Ausgaben bereithält, und zwar gerade auch dann, wenn die Ausgaben unvorhersehbar höher als erwartet ausfallen oder unverhoffte Einnahmeverluste auftreten (vgl. BSG, Urteil v. 18.7.2006, a. a. O., Rz. 29; Engelhard, a. a. O., § 80 Rz. 36 f.).
Daraus folgt eine Bevorzugung vo...