0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 84 ist zusammen mit den übrigen Vorschriften des SGB IV mit Wirkung zum 1.1.1977 in Kraft getreten und hat seitdem keine Änderung erfahren. Die Norm geht auf § 27 RVO a. F. zurück und stellt klar, dass die für Grundstücke geltenden Regeln auch für die Beleihung von Wohnungseigentum und Erbbaurechten gelten. Weiter differenzierende Regelungen – wie sie bislang in §§ 27a und b RVO a. F. vorgesehen waren – erschienen dem Gesetzgeber hingegen entbehrlich, es sei davon auszugehen, dass die Versicherungsträger in eigener Verantwortung eine sachgerechte Auswahl unter den Anlegungsmöglichkeiten bei Grundpfandrechten treffen (vgl. Begründung zu § 85 RegE, BT-Drs. 7/4122 S. 38). Die Vorschrift ist in Zusammenhang mit § 83 Abs. 1 Nr. 6 zu sehen und konkretisiert die dort vorgesehene Anlage in Grundstückswerte.
1 Allgemeines
Rz. 2
Inhaltlich bestimmt § 84 die Grenze für eine Beleihung von Grundbesitz oder sonstigen Rechten an Grundstücken: Wenn die Beleihung die ersten zwei Drittel des Wertes des Grundstücks, Wohnungseigentums oder Erbbaurechts nicht übersteigt, besteht eine gesetzliche Vermutung für die Sicherheit der Anlage. Der Sozialversicherungsträger muss in diesem Fall keine gesonderte Prüfung der Sicherheit nach § 80 mehr vornehmen. Umgekehrt kann eine Beleihung, die der Regelvermutung nicht genügt, dennoch sicher sein, wenn die Kriterien des § 80 erfüllt sind.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Für die Sicherheit der angeführten Grundpfandrechte soll nicht die Rangstelle maßgeblich sein, sondern der Umstand, dass die Beteiligung 2/3 des Grundstückswertes überschreitet. Die Feststellung der Beleihungsgrenze ist damit nur nach sorgfältiger Ermittlung des Verkehrswertes durch einen vereidigten Sachverständigen oder auf Basis der Gutachten der nach Landesrecht gebildeten Gutachterausschüsse möglich.
Hierbei ist auf die für andere Bereiche geltenden Vorschriften über die Ermittlung von Grundstückswerten zurückzugreifen (vgl. §§ 192 ff. BauGB; Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken – ImmoWertV v. 19.5.2010, BGBl. I S. 639; umfassend hierzu: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken; s. a. Stanglmayr, StB 2013 S. 318).
Aufgrund des prognostischen Elementes der Anlageentscheidung nach §§ 80 ff. kommt jedoch auch der voraussichtlichen Beständigkeit des Wertes für die Dauer der Anlage eine besondere Bedeutung zu (vgl. Breitkreuz, in: Winkler, LPK-SGB IV, § 84 Rz. 3; Brandt, in: Kreikebohm, SGB IV, § 84 Rz. 5 unter hilfsweiser Bezugnahme auf die Beleihungswertermittlungsverordnung v. 12.5.2006, BGBl. I S. 1175, zuletzt geändert durch Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes v. 22.6.2005, BGBl. I S. 1698).
Keine Anlage i. S. v. § 84 ist eine Sicherungshypothek, die eine Krankenkasse als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrages am Grundstück des säumigen Beitragsschuldners erhält: Denn hier ist der Zweck nicht die Vermögensanlage, sondern die Sicherung und Durchsetzung des Beitragsanspruchs (Dahm, in: Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 84 Rz. 5).
3 Literatur
Rz. 4
Vgl. Literaturhinweise bei § 80.
Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 8. Aufl. 2018.
Stanglmayr, Grundsätze zur Bewertung von Immobilien – Der neue IDW Standard ES 10, StB 2013 S. 318.