0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift, die mit dem Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) eingeführt wurde, ist durch das Gesetz zur Einordnung der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 in Abs. 2 geändert. Abs. 3 wurde angefügt durch Art. 4 Nr. 8 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG) v. 30.10.2008 (BGBl. I S. 2130) und ist seit dem 1.1.2009 in Kraft; das UVMG wurde zuletzt geändert durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch v. 5.12.2012 (BGBl. I S. 2447) mit Wirkung zum 5.11.2008. Durch das Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts v. 12.12.2019 (BGBl. I S. 2652) ist Abs. 3 Satz 2 mit Wirkung zum 1.1.2020 redaktionell angepasst worden.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Der Begriff der Aufsicht in Abs. 1 Satz 1 ist gesetzlich nicht definiert. Man versteht darunter nicht nur die Beobachtung, sondern die Beeinflussung der Tätigkeit des Beaufsichtigten mit dem Ziel, erforderlichenfalls ein rechtmäßiges Verhalten herzustellen. Die Aufsichtsbehörde hat gegenüber den zu beaufsichtigenden Stellen kein allgemeines Weisungs- und Leitungsrecht. Für den Bereich der Sozialversicherung sind Inhalt und Umfang der Aufsicht in den §§ 87 ff. im Einzelnen gesetzlich geregelt. Die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden ergibt sich aus §§ 90 und 90a.
Die Dienstaufsicht ist keine Aufsicht i. S. d. § 87. Die Dienstaufsicht ist personenbezogen und betrifft das Innenverhältnis zwischen dem Dienstherrn (öffentlicher Arbeitgeber) und dem Personal. Für Dienstordnungsangestellte und mittelbare Staatsbeamte ist die Körperschaft Dienstherr.
Aus der Dienstaufsicht folgt ein umfassendes Weisungs- und Leitungsrecht des Dienstherrn. Beschwerden von Mitarbeitern vermag die staatliche Aufsicht gemäß Abs. 1 nur im Hinblick auf Verstöße gegen Rechtsvorschriften, nicht im Rahmen der Dienstaufsicht zu überprüfen.
Das Prüfungsrecht der Rechnungshöfe betreffend das Haushalts- und Rechnungswesen beruht auf den Vorschriften des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz – HGrG) v. 19.8.1969 (BGBl. I S. 1273). Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 HGrG kann der Bundesrechnungshof (BRH) auch landesunmittelbare Sozialversicherungsträger prüfen, wenn sie Bundeszuschüsse erhalten oder für sie eine Garantiepflicht des Bundes besteht. Nach § 91 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Bundeshaushaltsordnung (BHO) kann der BRH bei landesunmittelbaren Sozialversicherungsträgern auch dann prüfen, wenn der Bund diese Aufwendungen ersetzt oder Zuwendungen leistet. Grundsätzlich erstreckt sich das Prüfrecht auf die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung. Jedoch bedingt die Spezialität der sachlichen Zuständigkeit den beschränkten Umfang des Prüfrechts der Rechnungshöfe, der damit im Gegensatz zur Universalität des Prüfrechts der Aufsichtsbehörden steht (vgl. § 88). Das Prüfrecht der Rechnungshöfe ist gegenüber dem der Aufsichtsbehörden dem Gegenstand nach enger, da es sich nicht auf kostenneutrale oder solche Maßnahmen bezieht, in denen sich keine staatlichen Mittel auswirken (Schirmer/Kater/Schneider, Aufsicht in der Sozialversicherung, Nr. 720, S. 2).
Der BRH hat keine Möglichkeiten, seine Rechtsauffassung gegenüber dem geprüften Sozialversicherungsträger direkt durchzusetzen. In der Regel werden die Prüfmitteilungen auch den Aufsichtsbehörden übersandt, die dann in eigener Zuständigkeit prüfen, ob Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen sind.
Das Prüfrecht der zuständigen obersten Verwaltungsbehörden des Bundes und der Länder gemäß § 274 SGB V gegenüber den Krankenversicherungsträgern und ihren Verbänden geht über den Rahmen der Rechtsaufsicht hinaus und umfasst die gesamte Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung. Sie erstreckt sich auch auf die Organisation und die Arbeitsabläufe. Zwangsmittel stehen den Prüfdiensten nach § 274 SGB V allerdings nicht zur Verfügung. Prüffeststellungen, die Rechtsverletzungen zum Gegenstand haben, können aber Anlass für Aufsichtsmaßnahmen der zuständigen Rechtsaufsicht sein.
2 Rechtspraxis
2.1 Mittelbare Staatsverwaltung
Rz. 2
Die Sozialversicherung ist ein Teil staatlicher Daseinsvorsorge. Sie schließt bestimmte Personengruppen mit dem Ziel zusammen, die Belastungen im Fall der Krankheit, des Unfalls, der Erwerbsminderung und des Alters auf eine organisierte Gesamtheit zu verteilen (BVerfGE 11 S. 112; BSGE 6 S. 228). Die auf diesem Gebiet tätigen Versicherungsträger (§ 21 Abs. 2, § 21a Abs. 2, § 21b Abs. 2, § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 2 SGB I) nehmen als organisatorisch verselbständigte Teile des Staatsganzen aus der staatlichen Gewalt abgeleitete und übertragene Aufgaben wahr. Sie gehören zur mittelbaren Staatsverwaltung (vgl. BVerfGE 39, S. 302, 314). Sie unterliegen der Pflicht zu loyaler Zusammenarbeit mit den anderen Staatsorganen. Äußerungen zu Gesetzgebungsvorhaben haben deshalb ihren Adressaten ausschließlich in den dafür zuständigen verfassungsrechtlichen Institutionen. Als einer Körperschaft des öf...