Rz. 3
Gemäß Abs. 1 haben die Träger der Rentenversicherung Personen, die die stufenweise angehobene Regelaltersgrenze (§§ 35, 235) erreicht haben, sowie Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und – unbeschadet einer Rentenberechtigung – unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert i. S. d. § 43 Abs. 2 sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, über die Leistungen der Sozialhilfe zu informieren und zu beraten. Die Beratung unterscheidet sich von der Information dadurch, dass sie einzelfall- und personenbezogen ausgestaltet ist. Soweit die Personen rentenberechtigt sind, hat die Information und Beratung von Amts wegen zu erfolgen. Fehlt es an einer Rentenberechtigung, erfolgt die Beratung auf Anfrage. Der Informationspflicht wird i. d. R. durch die Übersendung von Informationsmaterial entsprochen. Soweit jedoch eine Rente unter dem 27fachen des aktuellen Rentenwertes liegt, ist der Rentenversicherungsträger verpflichtet, ein Antragsformular für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach §§ 41ff. SGB XII beizufügen. Da das Anknüpfen an den aktuellen Rentenwert eine Vereinfachung für das gesamte Bundesgebiet erreichen soll, ist auch schon vor dem 1.7.2024 (Wegfall des aktuellen Rentenwertes-Ost) in allen Bundesländern vom aktuellen Rentenwert nach § 68 auszugehen. Beratungspflichten können sich sowohl aus einem Verlangen der genannten Personen als auch daraus ergeben, dass im Einzelfall Anhaltspunkte für einen Beratungsbedarf vorliegen. Die Beratung kann auch im Rahmen besonderer Angebote für bestimmte Personengruppen durchgeführt werden. So dürften z. B. besondere Beratungstage in den Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung in besonderem Maße geeignet sein, Ängste und Hemmschwellen gegenüber einer Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe abzubauen und damit die Fälle verschämter Armut zu verringern. Im Rahmen der Information und der Beratung, die allgemeinverständlich zu erfolgen hat, ist darauf hinzuweisen, dass bei dem genannten Personenkreis ein Rückgriff der Träger der Sozialhilfe auf bestimmte Verwandte (z. B. unterhaltspflichtige Kinder oder Eltern) nicht erfolgt und dass Anträge auf Leistungen der Sozialhilfe von den Trägern der Rentenversicherung entgegengenommen und an den zuständigen Träger der Sozialhilfe weitergeleitet werden.
Rz. 4
Die Informations- und Beratungspflicht besteht dann nicht, wenn bei einem Rentenbezieher wegen der Höhe der gezahlten Rente klar zu erkennen ist, dass die (einkommensabhängigen) Sozialhilfeleistungen nicht in Betracht kommen. Der Rentenversicherungsträger sollte aber nur dann von einer Information und Beratung Abstand nehmen, wenn er aufgrund der die Sozialhilfeleistungen deutlich übersteigenden Rentenzahlung und/oder weiterer Kenntnisse eine Einschätzung zweifelsfrei vornehmen kann. Ansonsten sollte er zur Vermeidung von Ersatzansprüchen seiner Verpflichtung aus Abs. 1 Satz 1 und 2 nachkommen. Eine Informations- und Beratungspflicht besteht auch nicht gegenüber Personen, die nach § 41 Abs. 3a SGB XII leistungsberechtigt sind (z. B. im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen).
Rz. 5
Die Serviceleistungen können auch Versicherten angeboten werden, die bereits vor Erreichen der jeweiligen Regelaltersgrenze allgemeine Informationen oder eine Beratung über die Ausgestaltung der ihnen ab Erreichen der Regelaltersgrenze eventuell zustehenden aufstockenden Leistungen wünschen.
Rz. 6
Gegenüber Personen, die einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht haben, beschränkt sich zunächst die Informations- und Beratungspflicht der Rentenversicherungsträger auf den Hinweis, dass die erforderliche Feststellung der vollen Erwerbsminderung nur auf Ersuchen des zuständigen Sozialhilfeträgers vom Rentenversicherungsträger getroffen werden kann. Wegen Klärung von Fragen, zu deren Beantwortung der Träger der Rentenversicherung nicht in der Lage ist, kann auf die besonderen Beratungsangebote der Sozialhilfeträger verwiesen werden (BT-Drs. 14/4595 S. 51).