Rz. 13
Nach § 111 Abs. 1 erhalten Berechtigte im Ausland die Leistungen zur Rehabilitation nur, wenn für sie für den Kalendermonat der Antragstellung Pflichtbeiträge nach dem SGB VI – also zur deutschen Rentenversicherung – gezahlt worden sind oder im Anschluss an eine versicherte Beschäftigung/Tätigkeit durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden hat. Hat in diesen Fällen ein Versicherter Versicherungszeiten auch im Ausland nachgewiesen, sind die im In- und Ausland zurückgelegten Beitragszeiten zusammenzurechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Versicherte zu dem von der EWG-Verordnung bzw. zu dem von den Sozialversicherungsabkommen erfassten Personenkreis gehört. Das führt zu folgenden Ergebnissen:
- Bei Versicherungszeiten in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union müssen die ausländischen Versicherungszeiten vom Geltungsbereich der "EWG-Verordnung Art. 6 EWGV 883/2004 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern" erfasst werden (überstaatliches Recht). Das bedeutet: Nach Art. 6 EWGV 883/2004 (bis 30.4.2010: Art. 18 EWG-VO Nr. 1408/71) sind bei der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Teilhabeleistungen aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auch ausländische mitgliedstaatliche Versicherungszeiten zu berücksichtigen – vorausgesetzt, zum Zeitpunkt der im europäischen Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten (Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit) war der ausländische Staat ein EWR-Staat. Einzelheiten sind der Internetseite http://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Raa/Download.do zu entnehmen.
- Damit Versicherungszeiten, die im Ausland außerhalb des EWR-Geltungsbereichs zurückgelegt werden, auf die Versicherungszeiten i. S. d. § 11 angerechnet werden, bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem deutschen Staat und dem entsprechenden ausländischen Staat. Bei Versicherungszeiten im anderen Ausland kommt eine Berücksichtigung einer im Ausland begründeten Versicherungszeit als Versicherungszeit i. S. d. § 11 nur in Betracht, wenn die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten ausdrücklich in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung vorgesehen ist (zwischenstaatliches Recht). Eine Übersicht der einzelnen Abkommen findet sich im Internet unter http://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Raa/Download.do.
Rz. 13a
Für die Erbringung der Leistungen zur Teilhabe ist der Träger des Mitgliedstaats zuständig, bei dem der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung versichert ist. Wurden in den vergangenen Jahren viele deutsche Versicherungszeiten zurück gelegt, ist der Versicherte aber aktuell z.B. in Frankreich aufgrund eines französischem Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses nach den dortigen Sozialversicherungssystemen versichert, ist der "französische Rentenversicherungsträger" nach französischem Recht vorrangig leistungspflichtig.
Ist z. B. der Rehabilitand in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, obwohl er im benachbarten Ausland wohnt, ist die deutsche Rentenversicherung zuständig. Da die Sachleistungen des zuständigen Sozialversicherungsträgers (z. B. Rehabilitationsleistung bei einem in den Niederlanden wohnenden und in Aachen versicherungspflichtig beschäftigten Versicherten) gewöhnlich nicht ins Ausland exportiert werden können, sehen die EG-Verordnung 883/04 für grenzüberschreitende Fälle eine sog. Sachleistungsaushilfe vor. Hier sind vom zuständigen Träger dem Träger, der die Leistung erbracht hat, dessen Kosten zu erstatten (Art. 93 Abs. 1 EWGV 574/72). Natürlich steht es dem deutschen Rentenversicherungsträger auch frei, dem z. B. in den Niederlanden wohnenden Versicherten i. S. d. § 11 eine Teilhabeleistung in Deutschland zu bewilligen. Dann fallen jedoch ggf. vermehrt Reisekosten (§ 53 SGB IX) an.
Geldleistungen (z. B. das Übergangsgeld) sind vom deutschen Rentenversicherungsträger direkt an den Berechtigten ins Ausland zu überweisen.
Rz. 13b
Die Prüfung von anrechenbaren ausländischen Versicherungszeiten können ggf. auch Auswirkungen auf die Abgrenzung der Leistungsverpflichtung zwischen Rentenversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit haben. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB III darf die Bundesagentur für Arbeit allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nur bewilligen, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX zuständig ist. Wird durch ausländische Versicherungszeiten die Wartezeit i. S. des § 11 erfüllt, ist für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht die Bundesagentur für Arbeit, sondern der deutsche Rentenversicherungsträger zuständig – vorausgesetzt, die aktuelle Versicherungszeit besteht bei einem deutschen Rentenversicherungsträger. Das gilt auch, wenn im Einzelfall wesentlich mehr ausländische Versicherungszeiten zurückgelegt wurden als deutsche.