2.4.1 Überblick
Rz. 36
Bis auf zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz (Abs. 1 Satz 2) sowie Hilfsmitteln (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) und digitale Gesundheitsanwendungen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 6a SGB IX) werden die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung i. d. R. in Form einer mehrwöchigen ambulanten oder stationären "Maßnahme" gewährt. Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation müssen auf die unterschiedlichen Belange der Rehabilitanden zugeschnitten werden. Deshalb ist zu unterscheiden zwischen
- ambulanten und stationären Rehabilitationsmaßnahmen (Rz. 39) und
- unterschiedlichen indikationsspezifischen Rehabilitationsformen und -verfahren (Rz. 40 ff.).
Rz. 37
Das Verwaltungsverfahren zur Klärung des Anspruchs auf Rehabilitationsleistungen zulasten des Rentenversicherungsträgers wird i. d. R.
- durch einen Antrag des Versicherten auf dem dafür vorgesehenen "Formularpaket: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" (https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Formulare/DE/Formularpakete/01_versicherte/reha/_DRV_Paket_Rehabilitation_Med_Rehabilitation.html),
- durch den behandelnden, niedergelassenen Arzt (vgl. Rehabilitations-Richtlinie; Fundstelle im Internet vgl. Rz. 96) oder
- bei einer Anschlussrehabilitation (Rz. 43 ff.) durch die Anregung der Ärzte im Akutkrankenhaus
angestoßen.
In der Regel hat der Versicherte durch seine Unterschrift auf den Antragsformularen einzuwilligen, dass der Rentenversicherungsträger bei den bisher behandelnden Ärzten etc. alle notwendigen ärztlichen oder psychologischen Unterlagen anfordern kann, um über den Antrag zu entscheiden und um den Versicherten einer geeigneten Einrichtung zuzuführen.
Meist werden abhängigkeitskranke Versicherte (Sucht) bereits in einer Suchtberatungsstelle betreut; diese erstellt auch einen Sozialbericht, der die Antragsunterlagen ergänzt und dem Rentenversicherungsträger die Entscheidung über die Bewilligung der Entwöhnung erleichtert.
Bei der Stellung des Rehabilitationsantrages hat der Versicherte die Möglichkeit, eine von ihm bevorzugte Klinik vorzuschlagen (Abs. 6a; Rz. 81 ff.).
Rz. 38
Bezüglich der Zuständigkeit zwischen Rentenversicherungsträgern und anderen Rehabilitationsträgern sind die §§ 14 und 15 SGB IX zu beachten (§ 7 Abs. 2 SGB IX).
2.4.2 Stationäre/ambulante Rehabilitationsleistungen
Rz. 39
Für die Durchführung der stationären medizinischen Rehabilitation steht in Deutschland ein flächendeckendes Netz von indikationsspezifischen, meist größeren Rehabilitationseinrichtungen zur Verfügung. Diese Rehabilitationseinrichtungen sind typischerweise in landschaftlich ansprechenden Regionen abseits der Ballungsräume errichtet worden. Dieser stationären Rehabilitation liegt der Gedanke zugrunde, die Patienten aus ihrem häuslichen Umfeld herauszunehmen, um dadurch die Behandlung zu erleichtern und eine Gesundung sowie den Prozess der Krankheitsbearbeitung und Krankheitsbewältigung zu fördern. In bestimmten Gegenden können so auch die ortsgebundenen, geologischen Gegebenheiten (jodhaltige Luft, Heilwässer etc.) genutzt werden.Bis Mitte der 90er Jahre wurden daher – nicht zuletzt aufgrund der Wohnortferne der meisten Rehabilitationseinrichtungen – medizinische Rehabilitationsleistungen fast ausschließlich stationär durchgeführt. Erst durch die Neuformulierung des § 15 Abs. 2 zum 1.1.1997 (durch das WFG) besteht für die Rentenversicherungsträger die gesetzliche Möglichkeit, anstelle der vollstationären Rehabilitation auch eine ambulante Rehabilitation (bis 1.1.2001 auch teilstationäre Rehabilitation genannt) durchzuführen. Das BSG hat mit Urteil v. 5.7.2000 (B 3 KR 12/99 R) klargestellt, dass die ambulanten Rehabilitationsleistungen bezüglich der medizinischen Versorgungsqualität mit der der stationären Rehabilitationsleistungen vergleichbar sind.
Eine ambulante medizinische Rehabilitationsleistung hat – lässt man das in § 15 Abs. 6a aufgeführte Wahl- und Vorschlagsrecht des Versicherten unberücksichtigt – immer Vorrang vor einer stationären. Die stationäre Rehabilitationsleistung kommt dem Grunde nach somit nur dann in Betracht, wenn
- eine ambulante Rehabilitationsleistung für den angestrebten Rehabilitationserfolg wegen der fehlenden Mobilität des Versicherten nicht möglich ist,
- die Entfernung zwischen Wohn-/Aufenthaltsort und indikationsspezifischer Rehabilitationseinrichtung bzw. der zeitliche Aufwand für die erforderlichen Fahrten so hoch ist, dass ein tägliches An- und Abreisen für den Versicherten nicht zumutbar ist, oder
- aus sonstigen Gründen eine vollstationäre Rehabilitation erforderlich erscheint (z. B. bei psychisch kranken Menschen, die von ihrem sozialen Umfeld für eine gewisse Zeitspanne Abstand nehmen sollten – "Tapetenwechsel").
Der Unterschied zwischen einer ambulanten und einer (voll-)stationären Behandlung besteht in der Bereitstellung einer Unterkunft/Übernachtungsmöglichkeit. Bei einer ambulanten Leistung zur Rehabilitation sucht der Rehabilitand die Rehabilitationseinrichtung an jede...