Rz. 13
Abs. 3 lässt in Fällen besonderer Härte die Zahlung von Pflicht- oder freiwilligen Beiträgen auch nach Ablauf der in Abs. 1 und 2 genannten regulären Fristen zu, wenn ein Versicherter an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen ist. Die Regelung betrifft neben Beiträgen, die ein Versicherter allein zu tragen hatte (z. B. Pflichtbeiträge von selbständig Tätigen oder freiwillige Beiträge), auch Pflichtbeiträge, die für den Versicherten von einem Dritten (z. B. vom Arbeitgeber) hätten gezahlt werden müssen.
Aus dem Wortlaut des Abs. 3 ergibt sich für die Anwendung der Vorschrift keine zeitliche Einschränkung. Gleichwohl hat das BSG in seinem Urteil v. 23.8.2001 (B 13 RJ 73/99 R) entschieden, dass die Zahlung von freiwilligen Beiträgen aufgrund der für sie einzuhaltenden engen Zahlungsfristen nur für Zeiträume ab dem 1.1.1992 zulässig ist.
Ein Fall besonderer Härte ist in Abs. 3 beispielhaft mit den Worten "insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente" genannt. Damit wird deutlich, dass die Härteregelung nur zur Anwendung kommen soll, wenn die fehlende Beitragszahlung einen außergewöhnlich großen sozialversicherungsrechtlichen Schaden zur Folge hat, wie z. B. die Ablehnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil die in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 241 Abs. 2 geforderte versicherungsrechtliche Voraussetzung für den Rentenanspruch nicht vorliegt. Auch bei Nichterfüllung einer Wartezeit (z. B. der Wartezeit von 45 Jahren für einen abschlagsfreien Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß §§ 38, 236b) könnte ein Fall besonderer Härte vorliegen. Dies kann allerdings i. d. R. dann nicht gelten, wenn die jeweilige Wartezeit auch noch gemäß § 7 Abs. 1 und 2 durch eine aktuelle freiwillige Beitragszahlung erfüllt werden könnte. Ob ein Härtefall i. S. v. Abs. 3 vorliegt, hat der zuständige Rentenversicherungsträger im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.
Soweit die Einzelfallprüfung das Vorliegen eines Härtefalles ergeben hat, sind für die Anwendung von Abs. 3 folgende weitere Voraussetzungen zu erfüllen:
- rechtzeitige Antragstellung,
- kein Verschulden seitens des Versicherten,
- tatsächliche Beitragszahlung innerhalb der vom Rentenversicherungsträger bestimmten Frist.
2.5.1 Rechtzeitige Antragstellung
Rz. 13a
Die Härteregelung ist nach dem Wortlaut des Abs. 3 Satz 1 nur anzuwenden, wenn die Zahlung von Beiträgen nach Ablauf der in Abs. 1 und 2 genannten Fristen vom Versicherten beantragt worden ist. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Antragsrecht des Versicherten, das auch dann zum Tragen kommt, wenn es sich bei dem jeweiligen Beitragsschuldner um eine dritte Person (z. B. den Arbeitgeber des Versicherten) gehandelt hat. Für die Antragstellung sieht Abs. 3 Satz 2 darüber hinaus eine Frist von 3 Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes vor. Die Antragsfrist ist gemäß § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 bis 193 BGB auf den Tag genau zu bestimmen; bei Fristversäumnis ist nach Abs. 4 der Vorschrift eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) ausgeschlossen.
2.5.2 Kein Verschulden seitens des Versicherten
Rz. 14
Grundvoraussetzung für die Anwendung der Härteregelung des Abs. 3 ist, dass die rechtzeitige Beitragszahlung ohne Verschulden des Versicherten unterblieben ist. In Anlehnung an § 276 BGB hat das BSG entschieden, dass die Unterlassung der Beitragszahlung nicht auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen darf (vgl. BSG, Urteil v. 19.6.2001, B 12 RA 8/00R). "Verschulden" im Sinne der Vorschrift ist anzunehmen, wenn ein Versicherter nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zumutbar ist. Dabei steht das Verschulden eines Vertreters des Versicherten insoweit seinem eigenen Verschulden gleich (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 RA 4/01 R).
Rz. 14a
Versicherten, die von einer amtlichen Stelle (z. B. gesetzliche Krankenkasse, Versicherungsamt) nachweislich eine unrichtige Antwort erhalten haben, auf die sie sich verlassen durften, wird i. d. R. ein Verschulden nicht angelastet werden können.
Allerdings könnte einem Versicherten trotz automatisch vereinbarten Beitragseinzug durch den zuständigen Rentenversicherungsträger ein Verschulden anzulasten sein, wenn dieser z. B. seine Kontoauszüge nicht rechtzeitig überprüft und daher bis zum Fristablauf nicht bemerkt hatte, dass fällige Beiträge von seinem Konto tatsächlich noch nicht abgebucht worden sind.
Darüber hinaus war ein Versicherter nach der Rechtsprechung des BSG nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert, wenn er die ihm bekannte Lücke zunächst deswegen nicht geschlossen hatte, weil die Erhaltung der Rentenanwartschaften einstweilen durch Pflichtbeiträge gesichert war (BSG, Urteil v. 17.5.2001, B 12 RJ 1/01 R).
2.5.3 Tatsächliche Beitragszahlung innerhalb der vom Rentenversicherungsträger zu bestimmenden Frist
Rz. 15
Beiträge, deren Zahlung auf der Grundlage von Abs. 3 trotz Ablauf der in Abs. 1 und 2 genannten Zahlungsfristen noch zugelassen wird, müssen nach Abs....