Rz. 20
Die selbstständige Tätigkeit muss darüber hinaus im einkommensteuerrechtlichen Sinne auch mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden. Die Notwendigkeit einer Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern stellt ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal dar, das aus dem Steuerrecht kommend auch in das Sozialrecht hineinwirkt (während das BSG dies ursprünglich noch offengelassen hatte – vgl. BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 13/09 R, Rz. 13 ff. und Parallelentscheidung BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 14/09 R, Rz. 13 ff. – hat das BSG dies in seiner jüngeren Rechtsprechung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal anerkannt: BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 21/14 R, Rz. 21; dem folgend auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 8.12.2017, L 4 R 5045/15, Rz. 42; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 21.1.2010, L 22 R 845/08, 2. Leitsatz).
Rz. 21
Gewinnerzielungsabsicht bedeutet dabei die Absicht des selbstständig Tätigen, Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV zu erzielen (zum Begriff des Arbeitseinkommens, vgl. auch die Komm. zu § 15 SGB IV). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Weiter ordnet § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei selbstständig erzielten Einkünften das zentrale Leitmotiv der Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialrecht an. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Der Begriff des Arbeitseinkommens gilt über § 1 SGB IV auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. § 15 SGB IV lässt damit keinen Raum für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriff des Arbeitseinkommens. Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, soll allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein. Dabei konkretisiert § 18a Abs. 2 und 2a SGB IV den Begriff des Arbeitseinkommens als die positive Summe der Gewinne oder Verluste aus den in § 18 Abs. 2a SGB IV genannten Arbeitseinkommensarten. Arbeitseinkommen sind die steuerlichen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 Nr. 1 EStG. Auf die tatsächliche Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn kommt es für die Beurteilung der Frage, ob Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit i. S. d. § 15 SGB IV vorliegt, nicht an.
Rz. 22
Die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht kann bereits daraus hergeleitet werden, dass der Betroffene Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielen wollte, das einkommensteuerpflichtig war (BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 21/14 R, Rz. 21; unter Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 25.5.2011. B 12 R 13/09 R).
Rz. 23
Aufgrund der besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der in § 2 genannten Personengruppe, der der Gesetzgeber mit der Rentenversicherungspflicht Rechnung getragen hat, reicht die Gewinnerzielungsabsicht aus. Es kommt für die Begründung der Versicherungspflicht gerade nicht auf die tatsächliche Erzielung eines positiven Arbeitseinkommens an. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich positive Einkünfte erzielt werden (BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 21/14 R, Rz. 21 m. w. N.; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 8.12.2017, L 4 R 5045/15, Rz. 42). Dies ergibt sich aus den Regeln des Dritten Titels (Arbeitsentgelt und sonstiges Einkommen) des SGB IV, die die volle Parallelität von Einkommensteuer- und Sozialversicherungsrecht verwirklichen. Zum Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 SGB IV gehören damit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, Satz 2 EStG die steuerrechtlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb sowie selbstständiger Arbeit. Das Arbeitseinkommen entspricht aufgrund der steuerrechtlichen Abschreibungsmöglichkeiten dem steuerrechtlichen Gewinn, der entsprechend auch negativ ausfallen kann.
Rz. 24
Nur dann, wenn die Tätigkeit letztlich steuerrechtlich Liebhaberei ist, fehlt es an der Gewinnerzielungsabsicht (so auch Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB, 12/2015, § 2 SGB VI, Rz. 37 m. w. N. aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur steuerrechtlich irrelevanten selbstständigen Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht allein aus Gründen der Liebhaberei).
Rz. 25
Für die Gewinnerzielungsabsicht aus der selbstständigen Tätigkeit ist es irrelevant, wenn der Betroffene neben steuerpflichtigen Einkünften auch solche erzielt, die steuerfrei sind (BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 13/09 R, Rz. 13 ff. und Parallelentscheidung: BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 14/09 R, Rz. 13 ff.).