Rz. 125
Die dogmatische Einordnung eines Rechtsinstituts der Unterbrechung kann jedenfalls dort offen bleiben, wo die Annahme einer rentenpflichtversicherungsschädlichen Unterbrechung ohnehin ausscheidet; dies hängt von der Dauer der Unterbrechung ab; es gilt zu unterscheiden:
- kurzzeitige untermonatige Unterbrechung der Tätigkeit,
- längerfristige übermonatige Unterbrechung der Tätigkeit.
2.14.2.3.1 Kurzzeitige untermonatige Unterbrechung der Tätigkeit
Rz. 126
Rentenpflichtversicherungsunschädlich sind generell kurzzeitige Unterbrechung der selbstständigen Tätigkeit von unter einem Monat.
Rz. 127
Die Versicherungspflicht selbstständig Tätiger wird nicht schon dann unterbrochen, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung vorübergehend entfällt. Kurzfristige Unterbrechungen in der tatsächlichen Erbringung von Arbeitsleistungen insbesondere durch Krankheit, Urlaub oder auch infolge eines Auftragsmangels haben keine Auswirkungen auf das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 15.12.2011, L 10 R 39/09; vgl. hierzu auch die Revisionsentscheidung des BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 R 3/12 R, mit dem die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde).
Rz. 128
Mit dem Zweck der sozialen Schutzbedürftigkeit lässt es sich nicht vereinbaren, wenn die Nichtausübung der selbstständigen (Lehr-)Tätigkeit innerhalb genereller Zeitgrenzen, die nicht länger als einen Monat andauern, zur Unterbrechung der Rentenversicherungspflicht führen würde (zustimmend Pietrek, jurisPR-SozR 26/2014 Anm. 5 unter Bezugnahme auf das von ihm besprochene Urteil des BSG v. 30.10.2013, B 12 R 3/12 R).
Rz. 129
Dogmatisch lässt sich das begründen insbesondere mit § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV und auch im Hinblick auf die Regelung über die Anrechnungszeiten in § 58 Abs. 2 Satz 1 (diese Regelungen hatte auch das LSG Niedersachsen-Bremen herangezogen, Urteil v. 15.12.2011, L 10 R 39/09). § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV regelt, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat (LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., Rz. 20; auf § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV stellt auch ab Pietrek, jurisPR-SozR 26/2014 Anm. 5). Gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 (in der damals gültigen Fassung) liegen Anrechnungszeiten nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 bis 3a der Vorschrift nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit unterbrochen ist (LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., Rz. 23).
Rz. 130
Dass eine kurzzeitige – nicht länger als einen Monat – dauernde Unterbrechung unschädlich ist, ergibt sich darüber hinaus auch aus dem im Rentenrecht geltenden Monatsprinzip (§ 122 Abs. 1). Unterbrechungen von weniger als einem Monat führen daher nicht zum Entfall der Versicherungspflicht.
2.14.2.3.2 Längerfristige übermonatige Unterbrechung der Tätigkeit
Rz. 131
Sofern eine Unterbrechung der Tätigkeit länger als einen Monat dauert, ist es eine Frage der Einzelfallprüfung, ob bis zur (Wieder-)Aufnahme der (selben) selbstständigen Tätigkeit die Versicherungspflicht entfällt. Diese Einzellfallprüfung hat sich am Schutzzwecks der Norm in § 2 zu orientieren, der die besondere soziale Schutzbedürftigkeit der in § 2 genannten Selbstständigen rentenversicherungsrechtlich berücksichtigt.
Rz. 132
Bei der Beurteilung im Rahmen der Einzelfallprüfung ist jedoch allein der Zeitfaktor nicht maßgeblich; auch ein deutliches Überschreiten eines Unterbrechungszeitraums von einem Monat kann daher rentenpflichtversicherungsunschädlich sein (das LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 15.12.2011, L 10 R 39/09, hatte noch einen Zeitraum von 4 Monaten als nicht mehr kurzfristige Unterbrechung angesehen). Die Anknüpfung an einen konkreten starren zeitlichen Rahmens bietet insoweit keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für die Beantwortung der Frage, wann ein Selbstständiger (noch) "tätig" ist und ab wann eine rentenpflichtversicherungsschädliche Unterbrechung vorliegt (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 R 3/12 R, Rz. 20). Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass selbst in größeren Betrieben und Unternehmen immer wieder auch längere betriebswirtschaftlich-kalkulatorisch überbrückbare (Zwischen-)Phasen der Auftragslosigkeit auftreten können, ohne dass in diesen Phasen – mögen sie auch die Dauer eines Monats überschreiten – regelhaft von einer Beendigung oder versicherungsrechtlich schädlichen Unterbrechung der selbstständigen Tätigkeit des Firmeninhabers ausgegangen werden müsste. Die Frage einer rentenpflichtversicherungsschädlichen Unterbrechung ist letztlich nur nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und im Wege einer wertenden Schlussfolgerung zu ermitteln (BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 R 3/12 R, Rz. 25; zur gebotenen Einzelfallprüfung vgl. auch: Pietrek, jurisPR-SozR 26/2014 Anm. 5). Maßgeblich ist dabei auf den Willen des Betroffenen abzustellen, der durch objektive Umstände zu untermauern ist. So bleibt Versicherungspflicht auch im Falle einer mehrmonatigen Unterbrechung bestehen, wenn der Betroffene seine Tätigkeit fortsetzen will ...