Rz. 5
Enthält ein Versicherungskonto für Zeiten der Ausübung einer versicherten Beschäftigung mit tatsächlicher Beitragszahlung keine Daten, so genügt zur Anerkennung der Beschäftigungszeit als Beitragszeit i. S. v. § 55 Abs. 1 nach dem Wortlaut des § 203 Abs. 1 die "Glaubhaftmachung" dieser Tatsachen.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen "überwiegend wahrscheinlich" ist; etwaige Restzweifel stehen somit der Anerkennung einer nicht gespeicherten Beschäftigungszeit als Beitragszeit (§ 55 Abs. 1) nicht entgegen.
Nach dem in § 20 Abs. 1 SGB X enthaltenen Untersuchungsgrundsatz hat die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln; sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und bedient sich hierzu der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Aufklärung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Bei Anwendung von § 203 Abs. 1 sind folgende Tatsachen glaubhaft zu machen:
- tatsächliche Ausübung sowie zeitlicher Umfang der versicherten Beschäftigung,
- Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts (= beitragspflichtige Einnahmen i. S. v. §§ 162, 163, 166),
- tatsächliche Beitragszahlung.
Für eine Glaubhaftmachung von Beitragszeiten i. S. v. § 55 Abs. 1 kommen (z. B.) folgende Beweismittel in Betracht:
- Arbeitgeberbescheinigungen nach der DEÜV (bis zum 31.12.1998 nach der DEVO/DÜVO in den jeweiligen Fassungen), die der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gemäß § 28a Abs. 5 SGB IV, § 25 Abs. 1 und 2 DEÜV jährlich auszuhändigen hat,
- Bestätigungen der zuständigen Einzugsstelle über das Vorliegen einer versicherten Beschäftigung sowie die tatsächliche Beitragsabführung,
- Lohnsteuerkarten, aus denen sich die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge ergeben,
- Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Versicherten,
- Bescheinigungen eines Sozialleistungsträgers über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht aufgrund des Bezuges von Entgeltersatzleistungen.
Als Mittel der Glaubhaftmachung kann die Behörde bei ihrer Ermessensprüfung keine Versicherungen an Eides Statt zulassen, weil § 203 Abs. 1 dies für den Gegenstand dieses Verwaltungsverfahrens nicht ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Rz. 6
Die vorgenannten Beweismittel sind ggf. auch geeignet, den Nachweis über das Vorliegen einer Beitragszeit (§ 55 Abs. 1) zu erbringen, dem Vorrang vor der Glaubhaftmachung einzuräumen ist.
Dabei gilt nach Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger (vgl. FAVR-AG2/92 TOP 10) eine Beitragszeit als nachgewiesen, wenn
- entweder der zeitliche Umfang (Beginn und Ende der Beschäftigung sowie Arbeitsunterbrechungen durch Arbeitsunfähigkeit, Schutzfristen nach dem MuSchG etc.) nachgewiesen werden kann oder der
- der zeitliche Umfang der Beitragszeit lediglich glaubhaft ist, aber über die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen (§§ 162, 163, 166) ein Nachweis vorliegt.
Rz. 7
Für die auf der Grundlage von § 203 Abs. 1 anzurechnenden nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Beitragszeiten sind gemäß § 70 Abs. 1 bei der Berechnung von Monatsrenten (§ 64) Entgeltpunkte für Beitragszeiten (§ 70 Abs. 1) zu ermitteln. Soweit die dafür benötigte Beitragsbemessungsgrundlage durch vorhandene Lohn- oder Gehaltsabrechnungen, Lohnsteuerkarten oder auf sonstige Weise (z. B. unter Zugrundelegung von beitragspflichtigen Einnahmen vergleichbarer Versicherter, die im selben Zeitraum beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sind) nachgewiesen werden kann, ist diese im Versicherungskonto zu speichern. Die Entgeltpunkte für Beitragszeiten werden schließlich ermittelt, indem die nachgewiesene Beitragsbemessungsgrundlage durch das für dasselbe Kalenderjahr bestimmte Durchschnittsentgelt aller Versicherten (Anlage 1 zum SGB VI) geteilt wird (§ 70 Abs. 1).
Für nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Beitragszeiten, für die die tatsächliche Beitragsbemessungsgrundlage weder bekannt ist noch auf sonstige Weise ermittelt werden kann, sind hilfsweise die Tabellenentgelte/Pauschalwerte zugrundezulegen, die sich aus §§ 256 Abs. 1, 256b, 256c und § 259a ergeben (vgl. Komm. zu den folgenden Fallgruppen 1 bis 5 RZ 8 bis 12).
Rz. 8
Fallgruppe 1:
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen konnte die Dauer der versicherten Beschäftigung durch geeignete Beweismittel (§ 21 SGB X) nachgewiesen werden; die Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts ließ sich jedoch nicht ermitteln und auch nicht auf sonstige Weise feststellen.
Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten (§§ 70 Abs. 1, 256b Abs. 1, 256c Abs. 2):
- Beitragszeiten bis 31.12.1990: Entgeltpunkte sind gemäß § 70 Abs. 1 i. V. m. § 256c Abs. 2 unter Berücksichtigung einer Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich für den jeweiligen Zeitraum aus den Tabellenwerten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG v. 25.2.1960 (BGBl. I S. 93) ergibt.
- Beitragszeiten ab 1.1.1991: Entgeltpunkte sind gemäß § 70 Abs. 1 unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich aus den Tabell...