2.1 Verlängerungstatbestände
Rz. 6
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 240 Abs. 1 setzt ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1) eine 3-jährige Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in den letzten 5 Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung voraus. Der Zeitraum von 5 Jahren ist gemäß § 26 SGB X i. V. m. §§ 187 bis 193 BGB auf den Tag genau zu bestimmen; er endet am Tag vor Eintritt der Erwerbsminderung und beginnt 5 Jahre vorher mit dem Tag, der der Zahl nach dem Tag des Eintritts der Erwerbsminderung entspricht. In dem so bestimmten 5-Jahres-Zeitraum ist grundsätzlich eine Pflichtbeitragszeit von 3 Jahren (= 36 Kalendermonate gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1) nachzuweisen. Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 muss es sich hierbei grundsätzlich um eine Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handeln. Zu berücksichtigen sind gemäß § 55 Abs. 2 aber auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten (§ 205 Abs. 1 Satz 3, § 279e Abs. 1 in der am 31.12.2011 geltenden Fassung), Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte aus den in §§ 3 und 4 genannten Gründen (z. B. Kindererziehungszeiten, Wehr- und Zivildienstzeiten etc.) sowie Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat (§ 247 Abs. 1 Satz 2).
Rz. 7
Soweit im originären 5-Jahres-Zeitraum eine 3-jährige Pflichtbeitragszeit nicht nachgewiesen werden kann, verlängert sich der Zeitraum gemäß § 43 Abs. 4 um folgende Tatbestände:
- Anrechnungszeiten (§§ 58, 252, 252a),
- Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
- Berücksichtigungszeiten (§§ 57, 249b),
- Anrechnungszeiten-Tatsachen, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil der Unterbrechungstatbestand des § 58 Abs. 2 nicht gegeben ist, wenn in den letzten 6 Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Anrechnungszeit oder der Bezug einer Erwerbsminderungsrente oder eine Berücksichtigungszeit liegt,
- Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu 7 Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen einer schulischen Ausbildung.
Als Verlängerungstatbestände kommen die vorgenannten Zeiten allerdings nur in Betracht, wenn sie nicht gleichzeitig Pflichtbeitragszeiten sind.
Rz. 8
Ergänzend zu § 43 Abs. 4 bestimmt die Übergangsregelung des § 241 Abs. 1, dass als Verlängerungstatbestände auch Ersatzzeiten i. S. v. § 250 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 in Betracht kommen, wenn diese Zeiten nicht auch mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind.
2.2 Rentenanspruch ohne Nachweis der versicherungsrechtlichen Voraussetzung
Rz. 9
Die versicherungsrechtliche Voraussetzung des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (sog. 3/5-Deckung) für einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder bei Berufsunfähigkeit (§ 240), die durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 mit Wirkung zum 1.1.1984 eingeführt wurde, ist nach der Übergangsregelung des § 241 Abs. 2 nicht erforderlich, wenn ein Versicherter bereits vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte und
- die Zeit vom 1.1.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2) mit sog. Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist oder
- der Leistungsfall der Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 2) bereits vor dem 1.1.1984 eingetreten ist.
Rz. 10
§ 241 Abs. 2 Satz 1 beinhaltet somit 2 alternative Möglichkeiten zum Verzicht auf die Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. Beide Alternativen setzen die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor dem 1.1.1984 voraus.
Die allgemeine Wartezeit umfasst gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 5 Jahre; das sind 60 Kalendermonate (§ 122 Abs. 2 Satz 1). Auf die allgemeine Wartezeit sind Kalendermonate mit Beitrags- und Ersatzzeiten anzurechnen (§ 51 Abs. 1 und 4). Kalendermonate, die nur teilweise mit Beitrags- oder Ersatzzeiten belegt sind, werden hierbei als volle Monate angerechnet (§ 122 Abs. 1).
Soweit nach dem 31.12.1983 für Zeiten vor dem 1.1.1984 eine Nachversicherung durchgeführt worden ist, sind die Nachversicherungsbeiträge als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge (§ 185 Abs. 2 Satz 1) zu behandeln und in die Prüfung der allgemeinen Wartezeit mit einzubeziehen.
Rz. 11
Wurde insgesamt zugunsten eines Versicherten ein Versorgungsausgleich durchgeführt, ergeben sich aus § 52 Abs. 1 zusätzliche Wartezeitmonate, die auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen sind. Hierbei ist es unerheblich, ob die Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits vor dem 1.1.1984 oder erst nach diesem Zeitpunkt rechtskräftig gewesen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei einem fiktiven Eheende (§ 1587 Abs. 2 BGB) vor dem 1.1.1984 sämtliche Wartezeitmonate, die sich aus der Umrechnung der übertragenen oder begründeten dynamischen Rentenanwart...