Rz. 31
Zeiten der Freiheitseinschränkung i.S.d. Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) sind Zeiten, in denen ein Verfolgter einen Judenstern tragen musste oder unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Illegalität gelebt hat (§ 47 Abs. 1 BEG).
Der Begriff der Freiheitsentziehung wird in § 43 BEG beschrieben. Danach ist unter einer Freiheitsentziehung insbesondere eine polizeiliche oder militärische Haft, Inhaftnahme durch die NSDAP, Untersuchungshaft, Strafhaft, Konzentrationslagerhaft sowie der Zwangsaufenthalt in einem Ghetto zu verstehen. Der Nachweis einer Freiheitsentziehung allein reicht für die Anerkennung dieser Zeit als Ersatzzeit nicht aus. Der Versicherte hat vielmehr nach dem Wortlaut der Vorschrift seine Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 1 BEG nachzuweisen; daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Freiheitsentziehung und der Verfolgung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen bestanden haben muss.
Voraussetzung für die Anerkennung von Ersatzzeiten nach Abs. 1 Nr. 4 ist, dass der Versicherte Verfolgter i.S.d. § 1 BEG ist. Sofern ein Versicherter aus den in § 1 BEG genannten Gründen ins Ausland gegangen ist, können Ersatzzeiten nach Abs. 1 Nr. 4 auch dann erworben werden, wenn der Verfolgte keinen konkreten Schaden i.S.d. § 1 BEG (z.B. Schaden an Körper, Gesundheit, Eigentum) erlitten hat.
Über die Verfolgteneigenschaft ist im Rentenverfahren ohne Bindung an Entscheidungen der Entschädigungsbehörden zu befinden. Dabei stehen der Anerkennung als Ersatzzeit weder die den Entschädigungsanspruch ausschließende Zugehörigkeit zur SS noch unrichtige Angaben im Entschädigungsverfahren entgegen; ausschlaggebend ist allein, ob der Versicherte den Tatbestand des § 1 BEG erfüllt.
Zu den wegen ihrer Rasse Verfolgten können bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 1 BEG auch Versicherte gehören, die als Juden behandelt wurden, ohne Juden zu sein.
Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit oder der unverschuldeten Arbeitslosigkeit, die an eine Freiheitsentziehung oder Freiheitsbeschränkung i.S.d. Abs. 1 Nr. 4 anschließen, sind ebenfalls als Ersatzzeiten anzuerkennen. Eine Arbeitslosigkeit, die durch Verfolgungsmaßnahmen hervorgerufen worden ist, kann hierbei jedoch längstens bis zum 8.5.1945 als originäre Ersatzzeit berücksichtigt werden. Hat die Arbeitslosigkeit dagegen infolge von Verfolgungsmaßnahmen über den 8.5.1945 angedauert, so ist sie längstens bis zum 31.12.1946 als Anschlussersatzzeit anzuerkennen.
Ein verfolgungsbedingter Auslandsaufenthalt ist ebenfalls Ersatzzeit i.S.d. Abs. 1 Nr. 4. Wurde das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 wegen drohender Verfolgungsmaßnahmen verlassen, liegt bereits vom Beginn des Auslandsaufenthalts ein Ersatzzeitentatbestand vor. Hat dagegen der Auslandsaufenthalt nicht aus Verfolgungsgründen begonnen, ist eine Ersatzzeit erst von dem Zeitpunkt an anzuerkennen, zu dem eine Rückkehr aus dem Ausland wegen der Verfolgungsmaßnahmen nicht mehr möglich war.