Rz. 6

Aufgrund des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes v. 20.4.2007 (BGBl. I S. 554) wird die Regelaltersgrenze von 65 Jahren in den Jahren von 2012 bis 2030 grundsätzlich schrittweise auf das 66. Lebensjahr + 10 Monate angehoben (§ 235 Abs. 2 Satz 2). Erst ab dem Jahre 2031 ist die Anhebung der Regelaltersgrenze abgeschlossen und es gilt uneingeschränkt die in § 35 Satz 2 genannte Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

Von der Anhebung der Regelaltersgrenze wurden gemäß § 235 Abs. 2 Satz 3 allerdings Versicherte ausgeschlossen, die

Für den vorgenannten Personenkreis gilt weiterhin die bis zum 31.12.2011 maßgebende Regelaltersgrenze von 65 Jahren. 

Abs. 4 regelt, dass die Zurechnungszeit spätestens mit Erreichen der für einen Versicherten maßgebenden Regelaltersgrenze endet. Dabei ist der Endzeitpunkt für die Zurechnungszeit zunächst nach den Abs. 1 bis 3 zu bestimmen. Anschließend ist zu prüfen, welche Regelaltersgrenze für den jeweiligen Versicherten nach § 235 Abs. 2 Satz 2 und 3 maßgebend ist; ggf. ist das Ende der Zurechnungszeit auf den Tag des Erreichens der Regelaltersgrenze zu begrenzen.

 
Praxis-Beispiel
 
Geburtstag des Versicherten 11.8.1959
Bezug von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitsnehmer des Bergbaus 1.9.2009 – 31.8.2014
Bezug der Knappschaftsausgleichsleistung (§ 239) 1.9.2014 – 31.5.2019
Eintritt der vollen Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 2) 10.5.2019
Rentenbeginn (§ 99 Abs. 1) 1.6.2019

Lösung:

Der am 11.8.1959 geborene Versicherte ist am 10.5.2019 und damit vor Vollendung seines 67. Lebensjahres (Vollendung des 67. Lebensjahres = 10.8.2026 gemäß § 26 SGB X, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB) voll erwerbsgemindert i. S. v. § 43 Abs. 2 Satz 2 geworden, so dass eine Zurechnungszeit gemäß § 59 Abs. 1 (i. d. F. ab 1.1.2019) zu berücksichtigen ist. Die Zurechnungszeit beginnt nach § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 mit dem Eintritt der Erwerbsminderung am 10.5.2019; sie endet – abweichend von dem in § 59 Abs. 2 Satz 2 genannten Lebensalter – nach § 253a Abs. 2 grundsätzlich mit Vollendung des 65. Lebensjahres + 8 Monate, weil die Rente im Jahr 2019 beginnt.

 
Geburtstag des Versicherten 11.8.1959
Vollendung des 65. Lebensjahres 10.8.2024
+ 8 Monate 10.4.2025

Grundsätzlich wäre die Zeit vom 10.5.2019 bis zum 10.4.2025 bei Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung als Zurechnungszeit gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1, § 253a Abs. 2 zu berücksichtigen. Zu prüfen bleibt, welche Regelaltersgrenze gemäß § 235 Abs. 2 Satz 2 und 3 für den Versicherten maßgebend ist.

Nach der zu § 235 Abs. 2 Satz 2 abgedruckten Tabelle ist für Versicherte des Geburtsjahrgangs 1959 eine Regelaltersgrenze von 66 Jahren + 2 Monate maßgebend. Fraglich ist, ob die in § 235 Abs. 2 Satz 3 enthaltene speziellere Regelung, nach der die Regelaltersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben wird, einschlägig ist. Der oben genannte Versicherte ist am 11.8.1959 und damit vor dem 1.1.1964 geboren. Darüber hinaus hatte er in der Zeit vom 1.9.2009 bis zum 31.8.2014 Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen, so dass er dem in § 235 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 genannten Personenkreis zuzuordnen ist. Für ihn gilt somit weiterhin die Regelaltersgrenze von 65 Jahren, die er gemäß § 26 SGB X, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 am 10.8.2024 erreicht; das Ende der Zurechnungszeit ist daher nach Abs. 4 auf den 10.8.2024 zu datieren.

Gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 253a Abs. 2 und 4 ist im vorliegenden Fallbeispiel somit die Zeit vom 10.5.2019 bis zum 10.8.2024 (= 64 KM) als Zurechnungszeit bei Berechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung zu berücksichtigen.

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