2.1 Mindestentgeltpunkte für Rentenfälle ab 1992 (Abs. 1)
Rz. 9
Die Anhebung von Entgeltpunkten nach § 262 auf das 1,5-fache ihres Durchschnittswertes – begrenzt auf 0,0625 (= 75 % des Durchschnittsentgelts aller Versicherten; vgl. auch BT-Drs. 11/4124 S. 201 f.) – kommt nur in Betracht, wenn
- 35 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind
und
- sich aus allen vollwertigen Pflichtbeiträgen und aus den vollwertigen Pflichtbeiträgen vor 1992 ein Durchschnitt von weniger als 0,0625 an Entgeltpunkten ergibt.
2.1.1 Mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten (Satz 1)
Rz. 10
Hierzu zählen (vgl. §§ 54 ff.)
- sämtliche Beitragszeiten (vollwertige Beiträge ebenso wie beitragsgeminderte Zeiten) einschließlich Kindererziehungszeiten, mit Ausnahme der in § 55 Abs. 1 Satz 3 genannten – auf § 70 Abs. 3a beruhenden – Zeiten,
- beitragsfreie Zeiten (Anrechnungs- und Ersatzzeiten, die Zurechnungszeit) sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§ 57) und wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege bis zum 31.3.1995 (§ 249b) und
- Verfolgungszeiten im Beitrittsgebiet, die als Pflichtbeitragszeiten nach § 11 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes gelten.
Rz. 11
Der Gesetzgeber hatte ausdrücklich beabsichtigt, dass auf die 35 Jahre – wie bei der Wartezeit von 35 Jahren – alle rentenrechtlichen Zeiten angerechnet werden sollen, also auch Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege (BT-Drs. 11/4124 S. 201).
Rz. 12
Auch Zeiten im EU-Ausland sind zu berücksichtigten, das gebietet Art. 4, 5 EGV 883/2004.
Rz. 13
Monate aus einem Versorgungsausgleich, einem Rentensplitting (§ 52 Abs. 1 und 1a) und aus einem Zuschlag an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung (§ 52 Abs. 2) rechnen für die 35 Jahre nicht mit. Sofern Versicherte jedoch bei einer geringfügigen Beschäftigung auf die Versicherungsfreiheit verzichtet haben (§ 5 Abs. 2 Satz 2) und daher Pflichtbeiträge zu zahlen sind, zählen diese Beiträge bei den 35 Jahren wie "normale" Beiträge mit.
Rz. 14
Die 35 Jahre müssen bis zum jeweiligen Rentenfall bzw. bis zum Rentenbeginn zurückgelegt sein (§ 75). Sie sind also nicht auf die Zeit bis zum 31.12.1991 beschränkt.
2.1.2 Durchschnittswert aus allen vollwertigen Pflichtbeiträgen (Satz 1)
Rz. 15
Sind im Versicherungsverlauf des Versicherten 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten belegt, ordnet Abs. 1 Satz 1 weiter die Prüfung an, ob sich aus den Kalendermonaten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen ein Durchschnittswert von weniger als 0,0625 Entgeltpunkten ergibt.
Rz. 16
Der Durchschnittswert ist aus sämtlichen, bis zum Rentenfall zurückgelegten vollwertigen Pflichtbeiträgen zu ermitteln (vgl. Komm. zu § 54 Abs. 2, § 55). Es ist daher nicht nur auf die vollwertigen Pflichtbeitragszeiten bis zum 31.12.1991 abzustellen (GRA der DRV zu § 262 SGB VI, Stand: 23.3.2018, Anm. 3).
Rz. 17
Vollwertig in diesem Sinne sind alle Pflichtbeitragsmonate, die nicht gleichzeitig mit beitragsfreien Zeiten belegt sind; vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 2 (GRA der DRV zu § 262 SGB VI, Stand: 23.3.2018, Anm. 3).
Rz. 18
Pflichtbeiträge für Zeiten des Bezuges einer eigenen Rente gehören nach § 262 Abs. 3 ausdrücklich nicht zu den vollwertigen Pflichtbeiträgen.
Rz. 19
Ergibt die Berechnung des Durchschnittswerts mindestens 0,0625 Entgeltpunkte, kommen Mindestentgeltpunkte für Pflichtbeiträge vor 1992, unabhängig vom Durchschnittswert dieser Beiträge, nicht in Betracht.
Rz. 20
Beispiel zur Berechnung des Durchschnittswerts:
Vollwertige Pflichtbeiträge in der Zeit von 1974 bis 2010. Davon
180 Kalendermonate (vor 1992) |
= 10,8000 Entgeltpunkte |
168 Kalendermonate (nach 1991) |
= 10,5000 Entgeltpunkte |
insgesamt: |
|
348 Kalendermonate |
21,3000 Entgeltpunkte |
Daraus (21,3000 : 348) ergibt sich ein Durchschnittswert von 0,0612, so dass die Entgeltpunkte für vollwertige Pflichtbeiträge bis zum 31.12.1991 angehoben werden können; vorausgesetzt, ihr Durchschnittswert liegt ebenfalls unter 0,0625 Entgeltpunkten (vgl. Fortsetzung des Beispiels unter Rz. 8).
2.1.3 Rechtsfolge – höhere Entgeltpunkte vor 1992 (Satz 1 i. V. m. Satz 2)
Rz. 21
Satz 1, letzter HS ordnet für den Fall, dass die Voraussetzungen nach Abs. 1 vorliegen an, dass die Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten erhöht wird.
Rz. 22
Die Bemessung der zusätzlichen Entgeltpunkte erfolgt dann nach Satz 2.
Rz. 23
Zusätzliche Entgeltpunkte kommen – unter den oben genannten Voraussetzungen – insoweit nur für vollwertige Pflichtbeiträge vor 1992 infrage, wenn deren Durchschnittswert 0,06265 Entgeltpunkte nicht erreicht. In der Rechtsfolge ist daher die weitere Voraussetzung zu prüfen, ob der Durchschnittswert aus den vollwertigen Pflichtbeiträgen bis zum 31.12.1991 ebenfalls den Wert von 0,0625 nicht erreicht. Erst dann kommt einen Erhöhung i. S. d. Satzes 1 HS 2 in Betracht.
Rz. 24
Anders als nach dem bis 1991 geltenden Recht (generelle Anhebung auf 75 % des Durchschnittsentgelts aller Versicherten) gibt Abs. 1 Satz 2 einer individuellen Regelung den Vorzug, indem der persönliche Durchschnittswert auf das 1,5fache – ggf. begrenzt auf 75 % des Durchschnittsentgelts, aller Versicherten (= 0,0625 Entgeltpunkte) – angehoben wird.
Rz. 25
Die Anhebung auf das 1,5fache des erreichten Wertes zielt darauf ab, dass lange Beitragszeiten mit sehr niedr...