Rz. 3
Das Nachzahlungsrecht für den Personenkreis des § 284 (Vertriebene und Flüchtlinge gemäß §§ 1 bis 4 BVFG und Evakuierte gemäß § 1 BEvG) besteht nur auf Antrag. Die Voraussetzungen des § 209 müssen zusätzlich erfüllt sein.
2.1 Versicherungsberechtigung
Rz. 4
Nach der für die Nachzahlung von Beiträgen geltenden Grundnorm des § 209 muss nach dessen Abs. 1 eine Versicherungsberechtigung (bestehende Versicherungspflicht nach den §§ 1 bis 4 oder Berechtigung zur freiwilligen Versicherung nach § 7) bestehen.
2.2 Antragsberechtigung
Rz. 5
Antragsberechtigt ist der in der Norm genannte Personenkreis der Vertriebenen und Flüchtlinge gemäß §§ 1 bis 4 BVFG und der Evakuierten gemäß § 1 BEvG. Die Zugehörigkeit zu diesem Personenkreis wird für Vertriebene und Flüchtlinge durch die Vertriebenen- bzw. Flüchtlingsausweise A, B oder C geführt, für Evakuierte i. d. R. durch die Registrierungsbescheinigung nach § 4 BEvG.
2.3 Ausübung einer selbständigen Tätigkeit
Rz. 6
Vor den in Satz 1 Nr. 1 genannten Ereignissen muss eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sein. Die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung oder die Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger reicht nicht aus. Die Abgrenzung ist nach den allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen.
2.4 Kausalität
Rz. 7
Die selbständige Tätigkeit muss ursächlich durch eines der in Satz 1 Nr. 1 genannten Ereignisse beendet worden sein. Diese Kausalität liegt nicht vor, wenn die selbständige Tätigkeit bereits vorher aus nicht mit Kriegsfolgen zusammenhängenden Gründen aufgegeben wurde. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn die Selbständigkeit durch Wehrdienst, Notdienst, Dienstverpflichtung oder aus anderen kriegsbedingten Gründen wie Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft, feindliche Besatzung usw. unterbrochen worden ist (vgl. BSGE 24 S. 146).
2.5 Fristgerechte Zahlung eines Pflichtbeitrags
Rz. 8
Binnen 3 Jahren nach der Vertreibung, der Flucht oder der Evakuierung oder einer Ersatzzeit wegen Vertreibung, Umsiedlung, Aussiedlung oder Flucht (§ 250 Abs. 1 Nr. 6) muss ein Pflichtbeitrag gezahlt worden sein. Entscheidend ist die tatsächliche Zahlung und nicht das Bestehen der Versicherungspflicht.
2.6 Nachzahlungszeitraum
Rz. 9
Freiwillige Beiträge können nachgezahlt werden für den Zeitraum ab Vollendung des 16. Lebensjahres, jedoch frühestens ab dem 1.1.1924 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Diese Zeiten dürfen allerdings nicht bereits mit Beiträgen belegt sein. Es ist daher die Belegung nicht nur der Zeiten der Selbständigkeit, sondern aller Lücken möglich.
Rz. 10
Der Nachzahlungszeitraum unterliegt ausgehend von dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht weiteren Einschränkungen. Diese sind davon abhängig, ob der Vertriebene, Flüchtling oder Evakuierte bis zum 31.12.1956 zugezogen ist oder erst später (vgl. Dankelmann in: jurisPK-SGB VI, § 284 Rz. 51 ff.; Grintsch, in: Kreikebohm, SGB VI § 284 Rz. 9 f.). Danach ist bei einem Zuzug bis zum 31.12.1956 die Nachzahlung von Beiträgen für Zeiträume nach dem 31.12.1956 ausgeschlossen, weil ab dem 1.1.1957 die Berechtigung zur laufenden freiwilligen Versicherung bestand (vgl. BSG, SozR 5750 Art. 2 § 52 Nr. 5 und 8). Bei einem Zuzug nach dem 31.12.1956 kommt eine Nachzahlung nach Ablauf des Zuzugsmonats nicht mehr in Betracht. Danach sind nur noch laufende freiwillige Beiträge zu entrichten.
Rz. 11
Für die Berechnung der Beiträge gilt § 209 Abs. 2. Maßgeblich sind daher die Werte, die für den Zeitpunkt der Nachzahlung gelten, nicht für die Zeiten, für die die Nachzahlung bestimmt ist (In-Prinzip). Die Bewertung der nachgezahlten Beiträge erfolgt nach § 256 Abs. 6 Satz 2.
2.7 Nachzahlungsverbot
Rz. 12
Nach Satz 2 ist eine Nachzahlung nach bindender Bewilligung einer Vollrente wegen Alters nicht mehr zulässig, wenn der Monat abgelaufen ist, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde.