Rz. 51
Satz 1 Nr. 4 begründet letztlich einen Pflichtversicherungstatbestand für Bezieher von Vorruhestandsgeld. Vorruhestandsgeld setzt begrifflich das Einigsein der Vertragspartner über das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben voraus (BSG, Urteil v. 26.11.1992, 7 RAr 46/92; BSG, SozR 3-2600 § 3 Nr. 2); es ist unerheblich, ob die Leistung auch als Vorruhestandsgeld bezeichnet wird – falsa demonstratio non nocet (so auch die DRV; GRA der DRV zu § 3 SGB VI, Stand: 18.1.2022, Anm. 91). Die Träger der Sozialversicherung sind Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Dies schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Tätigkeit oder von Zahlungen allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden (st. Rspr. des BSG; vgl. stellv.: BSG, Urteil v. 4.6.2019, B 12 R 10/18 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 41, Rn. 23). Die Versicherungspflicht wird daher "unabhängig von der Bezeichnung" der gewährten Leistungen des Arbeitgebers begründet, wenn diese in der Sache sich als Vorruhestandsleistungen i. S. v. § 3 Satz 1 Nr. 4 und § 5 Abs. 3 SGB V darstellen (BSG, Urteil v. 24.9.2008, B 12 R 10/07 R, SozR 4-2600 § 3 Nr 4, Rn. 15; dem folgend auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 8.5.2023, L 2 BA 9/23, Rn. 52, juris; mit Anm. von Krome, jurisPR-ArbR 36/2023 Anm. 5).
Rz. 52
Die Regelung in Nr. 4 definiert den Begriff des Vorruhestandsgeldes nicht. Der Begriff ist allerdings weit zu verstehen und beschränkt sich nicht auf solche Leistungen, die ausschließlich vom Vorruhestandsgesetz (1984) erfasst werden. Die Bezieher eines Vorruhestandsgeldes sollen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Zuschussgewährung nach dem Vorruhestandsgesetz erfüllt sind, in der Rentenversicherung versicherungspflichtig bleiben. Aus diesem Grunde werden die Bezieher eines Vorruhestandsgeldes den beschäftigten Arbeitnehmern gleichgestellt. Damit wird sichergestellt, dass die Zeiten des Vorruhestandsgeldbezuges rentensteigernd wirken (BT-Drs. 10/880 S. 19).
Rz. 53
Daher sind ein die Rentenversicherungspflicht begründendes Vorruhestandsgeld solche Leistungen des bisherigen Arbeitgebers an einen aus seinem Dienst ausscheidenden Beschäftigten, wenn sie zur Absicherung des Lebensunterhalts dienen, eventuell erzieltes Einkommen auf sie anzurechnen ist und die Arbeitsvertragsparteien das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben übereinstimmend als Grundlage für den Abschluss der zu ihrem Bezug führenden Vereinbarung vorausgesetzt haben.
Rz. 54
Zwingendes Element ist die Anrechnungsvereinbarung auf eventuell später erzieltes Arbeitsentgelt.
Rz. 55
Die Zuordnung einer Leistung als ein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründendes Vorruhestandsgeld setzt weiter im Wesentlichen voraus, dass als Grundlage für seine Zahlung das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben vereinbart wurde (BSG, Urteil v. 24.9.2008, B 12 R 10/07 R). Der Versicherte muss aus seiner Beschäftigung und endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollen. Im Wege einer Prognose ist dabei zu prüfen, ob die Feststellung getroffen werden kann, dass der Arbeitnehmer endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden will und deshalb die Übergangsgeldzahlung vereinbart worden ist. Gewichtiges Indiz für diese Prognose ist, wenn die Arbeitsvertragsparteien auch eine Vereinbarung darüber treffen, wonach der ausscheidende Beschäftigte verpflichtet ist, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Rentenantrag zu stellen. Dies ist dahingehend zu werten, dass der ausscheidende Beschäftigte dauerhaft aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollte (instruktiv: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 8.5.2023, L 2 BA 9/23 Rz. 48 ff. mit Anm. von Krome, jurisPR-ArbR 36/2023 Anm. 5).
Rz. 56
Ist eine Leistung als Vorruhestandsgeld zu qualifizieren, dann trägt ausschließlich der Arbeitgeber die rückständigen Beiträge zur Rentenversicherung; §§ 166 Abs. 1 Nr. 3, 170 Abs. 1 Nr. 3, 174 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI i. V. m. § 28g Satz 3 SGB IV. Der ehemalige Beschäftigte profitiert hier dadurch, dass sein Rentenanspruch entsprechend höher ausfällt (hierauf verweist zutreffend auch Krome, jurisPR-ArbR 36/2023 Anm. 5).
Rz. 57
Notwendige weitere Voraussetzung nach Nr. 4 HS 2 für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die sog. Vorversicherung. Vorruhestandsgeldbezieher unterliegen danach nur dann der Versicherungspflicht, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren. Das ist dann der Fall, wenn zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn der Leistung kein voller Kalendermonat liegt (das ist auch Praxis der Rentenversicherungsträger, vgl. GRA der DRV zu § 3 SGB VI, Stand: 18.1.2022, Anm. 10.2).
Rz. 58
Unmittelbarkeit ist aber auch dann noch zu bejahen, wenn der versicherungspflichtigen Beschäftigung eine Anrechnungszeit folgt und sich der Bezug des Vorruhestandsgeldes daran wieder unmittelbar anschließt. Der Bezug von Vorruhestandsgeld begründet daher auch dann noch Versicherungsp...