0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift des § 32 SGB VI wurde durch Art. 1 RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung zum 1.1.1992 eingeführt und trat an die Stelle der bis dahin geltenden §§ 1243 RVO, 20 AVG und 42 RKG. Die Vorschrift wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert.
In den letzten 10 Jahren erfuhr die Vorschrift folgende Änderungen:
- Durch das Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) v. 8.12.2016 (BGBl. I S. 2838) – anzuwenden ab 14.12.2016 – stellte der Gesetzgeber in § 32 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 klar, dass Zuzahlungen des Versicherten nur bei stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation i. S. d. heutigen § 15 und bei stationären onkologischen Nachsorgeleistungen – heutiger § 32 Abs. 1 Nr. 2 – anfallen. Gemäß der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9787 v. 27.9.2016, S. 38) handelt es sich um eine Folgeänderung durch die Neuregelung der Leistungen zur Kinder- und Jugendlichenrehabilitation. Kinder und Jugendliche sind – entsprechend der bisherigen Praxis – von der Pflicht zur Zuzahlung ausgenommen.
- Die vorletzte Änderung des § 32 erfolgte zum 1.1.2018 aufgrund der Einführung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234). Der rehabilitationsträgerübergreifende Anspruch auf Übergangsgeld, der gemäß § 32 Abs. 3 die Zuzahlung unter bestimmen Voraussetzungen aufhebt, wird seitdem in § 64 SGB IX statt in § 44 SGB IX geregelt. In diesem Zusammenhang wurde § 32 Abs. 3 lediglich redaktionell angepasst.
- Aufgrund Art. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze (Gesetz Digitale Rentenübersicht) v. 11.2.2021 (BGBl. I S. 154) – anzuwenden ab 18.2.2021 – wurde in Abs. 1 Satz 1 das Wort "stationäre" gestrichen. Stattdessen fügte der Gesetzgeber nach den Wörtern "Rehabilitation nach § 15" die Wörter "einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung" ein. Gleichzeitig wurden in Abs. 2 das Wort "stationäre" gestrichen und nach dem Wort "Leistungen" die Wörter "einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung" eingefügt. Laut der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/23550 v. 21.10.2020 S. 103) handelte es sich bei diesen Änderungen um eine sprachliche Anpassung, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung des bisherigen Regelungsinhaltes verbunden ist.
1 Allgemeines
Rz. 2
Gemäß § 32 Abs. 1 zahlen Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation i. S. d. § 15 in Anspruch nehmen, für jeden Kalendertag dieser Leistung den sich nach § 40 Abs. 5 SGB V ergebenden Betrag (10,00 EUR täglich). Diese Zuzahlung ist vom Rehabilitanden nicht nur bei stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 15), sondern aufgrund § 32 Abs. 2 auch bei stationären sonstigen Rehabilitationsleistungen i. S.d. heutigen § 31 Abs. 1 Nr. 2 zu entrichten.
Hintergrund der Zuzahlung ist die Einsparung von Lebenshaltungskosten (z. B. bei Mahlzeiten, Wasser, Strom usw.; vgl. BT-Drs. 10/3480/55), die der Rehabilitand wegen der Rehabilitationsleistung hat. Außerdem wird die Zuzahlungsverpflichtung als ein Instrument zur Steuerung des Kostenbewusstseins der Versicherten angesehen. Bei dem kalendertäglichen Zuzahlungsbetrag handelt sich um einen pauschalen Betrag, den das Gesetz unabhängig von der konkreten Ersparnis des Versicherten festgelegt hat (vgl. BSG, Urteil v. 23.2.2000, B 5 RJ 6/99 R).
Rz. 3
Die Verpflichtung zur Zuzahlung begrenzt sich nur auf (voll)stationäre
Im Umkehrschluss ist eine Zuzahlung nicht zu leisten
Außerdem entfällt eine Zuzahlung
- für Rehabilitanden, die bei der Antragstellung noch nicht mindestens 18 Jahre alt sind (§ 32 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 SGB VI und § 1 der Zuzahlungsrichtlinie, Rz. 43), sowie
- für eine Begleitperson des Rehabilitanden, die aus medizinischen Gründen notwendig mit in die Rehabilitationseinrichtung aufgenommen wird (wenn der Rehabilitand wünscht, dass er z. B. während seiner Rehabilitationsmaßnahme von seiner Ehefrau begleitet wird, ohne dass eine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht, sind die "Hotelkosten" für die Begleitperson vom Versicherten selbst in vollem Umfang zu tragen).
Rz. 4
Aufgrund gesetzlicher Vorschriften ist vom Rehabilitanden außerdem in folgenden Fällen keine Zuzahlung zu leisten: