Rz. 25
Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 sind auf Antrag versicherungspflichtig Entwicklungshelfer. Der Begriff des Entwicklungshelfers i. S. v. § 4 Abs. 1 Nr. 1 wird in § 1 Entwicklungshelfer-Gesetz (EhfG) v. 18.6.1969 (BGBl. I S. 549) definiert. § 1 Abs. 1 EhfG sieht in Nr. 1 bis 4 Voraussetzungen vor, die kumulativ vorliegen müssen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 EhfG sind Entwicklungshelfer solche Personen, die in Entwicklungsländern ohne Erwerbsabsicht Dienst leisten, um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Fortschritt dieser Länder beizutragen (Entwicklungsdienst).
Rz. 26
Der Entwicklungshelfer muss sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 EhfG für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens einem Jahr gegenüber dem Träger der Entwicklungshilfe verpflichtet haben, in einem Entwicklungsland ohne Erwerbsabsicht Dienste zu leisten, um in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zum Fortschritt dieses Landes beizutragen. Damit entsteht jedoch kein Beschäftigungsverhältnis (BSG, Urteil v. 25.6.1991, 1/3 RK 1/90), sodass eine Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 ausscheidet.
Rz. 27
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 EhfG sieht insoweit weiter vor, dass Entwicklungshelfer für den Entwicklungsdienst nur Leistungen erhalten, die das Entwicklungshelfergesetz vorsieht.
Rz. 28
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 EhfG letztlich muss der Entwicklungshelfer 18 Jahre alt und Deutscher i. S. d. Art. 116 GG sein, wobei der persönliche Anwendungsbereich ausdrücklich auf Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften – also auf EU-Angehörige – erweitert wird.
Rz. 29
Die Träger des Entwicklungsdienstes (i. d. R. juristische Personen des Privatrechts) werden vom zuständigen Bundesministerium anerkannt, soweit sie die Voraussetzungen in § 2 EhfG erfüllen (z. B. der Deutsche Entwicklungsdienst; vgl. im Übrigen zu den zugelassenen Trägern: GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 2.1.2). Außerhalb der eigentlichen Entwicklungshilfe gehören zu den Trägern der Entwicklungshilfe nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EhfG auch nichterwerbswirtschaftlich orientierte Stellen, wie Umweltschutzorganisationen, Friedensdienste und sonstige mit humanitären Aufgaben befasste Einrichtungen. Die Entscheidung über die Anerkennung trifft das zuständige Bundesministerium.
Rz. 30
Die Versicherungspflicht erstreckt sich nicht nur auf die Entwicklungshelfertätigkeit im eigentlichen Sinne. Sie umfasst vielmehr auch die im In- oder Ausland durchgeführte Ausbildung. Dazu zählen alle Maßnahmen, die den späteren Auslandsaufenthalt vorbereiten sollen. Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen Vorbereitung und (Auslands-)Entwicklungsdienst zu bejahen sein. Das ist insbesondere bei Sprach- und Einführungslehrgängen der Fall.
Rz. 31
Die Versicherungspflicht entsteht nur auf Antrag. Der Kreis der Antragsberechtigten ist nicht durch das Gesetz eingeschränkt worden. Der Arbeitnehmer selbst besitzt keine Antragsberechtigung. Es muss sich lediglich um eine Stelle handeln, die ihren Sitz im Geltungsbereich des SGB hat; hierzu zählen Wirtschaftsunternehmen, Organisationen der Entwicklungshilfe oder Organisationen mit humanitären Aufgaben, juristische Personen des öffentlichen Rechts u. a. (vgl. weitergehend auch GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 2.9). Dabei ist der zuständige Träger der Entwicklungshilfe verpflichtet, einen Antrag auf Versicherungspflicht zu stellen (§ 11 Satz 1 EhfG). In zeitlicher Hinsicht wird auf den Tag, an dem erstmals die Voraussetzungen erfüllt sind (wenn der Antrag binnen 3 Monaten gestellt wird), ansonsten auf den Tag, der dem der Antragstellung folgt, abgestellt (zur Begründung vgl. BR-Drs. 541/14 S. 38); vgl. zum Beginn Abs. 4 Satz 1.
Rz. 32
Beispiel:
(1) |
Aufnahme der Tätigkeit als Entwicklungshelfer |
10.2.2019 |
|
Antragseingang |
15.2.2019 |
|
Beginn der Versicherungspflicht |
16.2.2019 |
(2) |
Aufnahme der Tätigkeit als Entwicklungshelfer |
10.2.2019 |
|
Antragseingang |
30.1.2019 |
|
Beginn der Versicherungspflicht |
10.2.2019 |
(3) |
Aufnahme der Tätigkeit als Entwicklungshelfer |
10.2.2019 |
|
Antragseingang |
15.5.2019 |
|
Beginn der Versicherungspflicht |
16.5.2019 |
Rz. 33
Die Regelung im SGB IV zur Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) wird durch Abs. 1 nicht verdrängt. Vielmehr geht die Versicherungspflicht gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 bei Ausstrahlung der Versicherungspflicht auf Antrag vor. Dies ist insbesondere wegen der unterschiedlichen beitragsrechtlichen Konsequenzen (vgl. §§ 166, 174) von großer Bedeutung.