Rz. 37
Nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht schloss die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit den Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit generell aus: Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 a. F. war nicht erwerbsunfähig, wer eine selbständige Tätigkeit ausübte. Dies galt nach der Rechtsprechung selbst dann, wenn der Selbständige faktisch erwerbsunfähig war und auf Kosten seiner Gesundheit arbeitete (BSG, SozR 5850 § 2 AVG Nr. 11). Auch die Höhe des Einkommens und der Umfang der selbständigen Erwerbstätigkeit waren unbeachtlich. Selbst die Ausübung einer geringfügigen selbständigen Erwerbstätigkeit stand dem Rentenanspruch entgegen (BSG, SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 34). Allein entscheidend war, dass der Rentenantragsteller im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und damit selbständig tätig war (BSG, SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 52). Selbständige hatten demnach allenfalls einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. In § 43 in seiner ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung ist eine Anspruchsausschlussklausel für Selbständige nicht enthalten. Demnach können auch selbständig Erwerbstätige eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beanspruchen, wenn sie nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen nicht mehr in der Lage sind, 3 Stunden täglich zu arbeiten. Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit auf Kosten der Gesundheit oder nur in geringfügigem Umfang neben der Rentengewährung ist rentenunschädlich. Allerdings wird im Einzelfall stets zu prüfen sein, ob die ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit als Indiz dafür anzusehen ist, dass der Versicherte – möglicherweise entgegen den medizinischen Feststellungen – in der Lage ist, einer mehr als 3-stündigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, sodass möglicherweise nur ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Betracht kommt oder der Rentenanspruch gänzlich unbegründet ist.
Allerdings ist das aus der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen nach Maßgabe des § 96a ggf. auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung anzurechnen und kann den Rentenzahlbetrag mindern. Die Möglichkeit der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an Selbständige erscheint im Hinblick auf den ausgedehnten Personenkreis versicherungspflichtiger Selbständiger nach § 2 (insbesondere nach § 2 Nr. 9 und 10) konsequent. In diesem Zusammenhang ist allerdings hinsichtlich der Selbständigen, die nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 unterliegen, zu berücksichtigen, dass für sie ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung ebenso wie bei allen übrigen Leistungsberechtigten nur in Betracht kommt, wenn für sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung in einem Umfang von 3 Jahren Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind (§ 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2). Ein Rentenanspruch dürfte für diesen Personenkreis deshalb nur in Betracht kommen, wenn sie der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 beigetreten sind, d. h. wenn sie die Versicherungspflicht innerhalb von 5 Jahren nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beantragt und dementsprechend Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.