2.1 Zum Begriff der Wartezeit
Rz. 5
Ein Leistungsanspruch in der Rentenversicherung setzt die Versicherungszugehörigkeit der Berechtigten voraus, die mit der Beitragsleistung des Versicherten begründet wird. Um betragsmäßig geringe Leistungsansprüche aufgrund einer kurzfristigen Beitragsleistung auszuschließen, sieht der Gesetzgeber in § 34 Abs. 1 als weiteres Leistungserfordernis eine Mindestzugehörigkeit zur Versicherung in Form einer Wartezeit vor. Damit werden auch ungünstige Risiken ausgeschlossen.
Rz. 6
Für bestimmte Leistungsfälle, die trotz kurzer Versicherungszugehörigkeit eines sozialen Ausgleichs bedürfen, ist nach §§ 53, 245 eine vorzeitige Wartezeiterfüllung möglich. Der Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sind Ereignisse, die am Beginn eines Berufslebens einen verstärkten sozialen Schutz erfordern. Darüber hinaus werden in § 53 sog. Aufopferungstatbestände aufgezählt (z. B. Tod aufgrund einer Wehrdienstbeschädigung oder Vergleichbares). § 245 trifft eine übergangsrechtliche Regelung.
Welche Zeiten auf die Wartezeit anrechenbar sind, ergibt sich aus den §§ 51, 244.
2.2 Wartezeiten zu den einzelnen Rentenarten
Rz. 7
Die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren ist nach Abs. 1 versicherungsrechtliche Voraussetzung für
- die Regelaltersrente nach §§ 35, 235
- die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den §§ 43, 45, 240,
- die Renten wegen Todes nach den §§ 46, 47, 48, 243, 243a.
Rz. 8
Kalendermonate mit Beitrags- und Ersatzzeiten sind auf die allgemeine Wartezeit anzurechnen. Wenn vorhanden, sind auch Monate aus einem Versorgungsausgleich, aus Zuschlägen an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung und aus Zuschlägen an Entgeltpunkten aus einem Rentensplitting unter Ehegatten/Lebenspartner für die Wartezeit zu berücksichtigen.
Rz. 9
Eine Wartezeitfiktion für die allgemeine Wartezeit sieht Satz 2 in 2 Fällen vor. Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt, wenn Anspruchsberechtigte auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente diese bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen haben. Ausreichend ist entgegen dem Wortlaut auch, dass der Anspruch dem Grunde nach bestanden hat, ohne dass es zu einer Rentenzahlung gekommen ist. Das ist erforderlich, da diese Renten nach dem Gesetzeswortlaut nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze gewährt werden. Um das Vertrauen der Rentenberechtigten auf den Fortbestand der Leistung zu schützen, ermöglicht die Fiktion den Weiterbezug als Regelaltersrente.
Rz. 10
Der gleiche Vertrauensschutz gilt bei einer Hinterbliebenenrente, wenn bis zum Tod eine Rente bezogen wurde oder ein Anspruch auf Rente bestand. Ein tatsächlicher Rentenbezug ist nicht erforderlich. Mit dieser Fiktion werden z. B. die Fälle erfasst, in denen die vorhergehende Rente im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung gewährt wurde. Nach § 245a gilt für einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente die Wartezeit als erfüllt, wenn vor dem 1.1.1992 nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets bereits einmal ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente bestanden hat. Unter diesen Begriff fallen auch Hinterbliebenenleistungen aus einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem, die nach § 4 AAÜG in die Rentenversicherung überführt wurden. Die Gleichstellung von Rentenbezugszeiten in den Herkunftsgebieten nach § 28a FRG gilt nicht für die fiktive Wartezeiterfüllung. § 28a FRG stellt Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Altersrenten gleich. Insoweit werden bereits vom Wortlaut Hinterbliebenenrenten nicht erfasst. Die Wartezeitfiktion gilt ebenfalls nicht bei Rentenleistungen nach Art. 2 RÜG.
Rz. 11
Eine Wartezeit von 20 Jahren ist bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 6 Anspruchsvoraussetzung. Sie kann ausschließlich von Versicherten erworben werden, bei denen die volle Erwerbsminderung bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit eingetreten ist und grundsätzlich (Ausnahme z. B. § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2) seither ununterbrochen bestanden hat. Ein Wahlrecht zwischen der allgemeinen Wartezeit und der Wartezeit von 20 Jahren besteht nicht. Nach § 248 Abs. 2 gelten unter bestimmten Voraussetzungen Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet in der Zeit von 1.7.1975 bis 31.12.1991 als (Pflicht-)Beitragszeiten. Im Übrigen sind die in Rz. 8 aufgeführten Zeiten anrechenbar.
Rz. 12
Eine Wartezeit von 25 Jahren ist für die beiden knappschaftlichen Leistungen, nämlich die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute und die Rente für Bergleute vom 50. Lebensjahr an, vorgesehen. Für diese Wartezeit werden ausschließlich Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Ersatzzeiten können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind. Eine korrespondierende Regelung für das Beitrittsgebiet ergibt sich aus § 254a.
Rz. 13
Eine Wartezeit von 35 Jahren ist für die Altersrente für langjährig Versicherte und für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen erforde...