Rz. 7
Kindererziehungszeiten sind nach Abs. 1 Satz 1 Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten 3 Lebensjahren, die bei einem Elternteil als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt werden, soweit in dieser Zeit die Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 vorliegen. Wird ein Kind nachweislich von mehreren Elternteilen (z. B. durch die leibliche Mutter und den leiblichen Vater) gleichermaßen erzogen, regelt Abs. 2 zur Vermeidung von Doppelanrechnungen die Zuordnung von Kindererziehungszeiten zu einem Elternteil und unterscheidet dabei zwischen
- Alleinerziehung und
- gemeinsamer Erziehung (mit und ohne Abgabe von übereinstimmenden Erklärungen zur Zuordnung von Kindererziehungszeiten zu einem Elternteil).
2.3.1 Alleinerziehung
Rz. 8
Abs. 2 Satz 1 regelt, dass eine Kindererziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen ist, der sein Kind erzogen hat. Alleinerziehung liegt grundsätzlich vor, wenn ein Kind ausschließlich von einem Elternteil erzogen wird (z. B. von der unverheirateten leiblichen Mutter ohne Mithilfe des Kindesvaters). Bei nicht nur vorübergehend getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern liegt Alleinerziehung regelmäßig bei dem Elternteil vor, in dessen Haushalt das Kind lebt, selbst wenn ihm nicht das alleinige Sorgerecht übertragen worden ist. Dies gilt seit dem 1.1.2005 auch für nicht nur vorübergehend getrennt lebende oder aufgehobene Lebenspartnerschaften nach dem LPartG.
Bei einem Wechsel von Erziehungspersonen im Laufe eines Kalendermonats und während der für ein Kind nach Abs. 5 Satz 1 bestimmten Primär-Kindererziehungszeit, beginnt die dem "Nacherziehenden" anzurechnende Kindererziehungszeit mit dem Kalendermonat, der dem Monat des Erziehungswechsels folgt. Nicht rechtserheblich ist dabei, in welchem Umfang der jeweilige Elternteil im Monat des Erziehungswechsels das Kind tatsächlich erzogen hat. Diese Rechtsauslegung der Deutschen Rentenversicherung stellt sicher, dass mehreren erziehenden Elternteilen für ein Kind insgesamt max. 36 Kalendermonate (bzw. 30 Kalendermonate für vor dem 1.1.1992 geborene Kinder, § 249 Abs. 1) als Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung angerechnet werden.
Für das am 17.4.2019 geborene Kind A ist gemäß Abs. 5 Satz 1 folgende Primär-Kindererziehungszeit zu berücksichtigen:
vom 1.5.2019 bis zum 30.4.2022 = 36 KM
Die Erziehung des Kindes erfolgte – durch die leibliche Mutter bis 2.7.2020,
– durch die Pflegemutter ab 3.7.2020.
Lösung:
Die für das Kind A anzurechnende Kindererziehungszeit ist den erziehenden Elternteilen gemäß Abs. 2 Satz 1 wie folgt zuzuordnen:
a) der leiblichen Mutter = vom 1.5.2019 bis 31.7.2020 = 15 KM
b) der Pflegemutter = vom 1.8.2020 bis 30.4.2022 = 21 KM
In Summe sind den erziehenden Elternteilen für das Kind A somit 36 Kalendermonate mit Kindererziehungszeiten anzurechnen.
2.3.2 Gemeinsame Erziehung
Rz. 9
Erzieht ein Elternpaar (z. B. leibliche Mutter und leiblicher Vater oder Pflegemutter und Pflegevater) ein Kind gemeinsam, kann die in der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnende Kindererziehungszeit nur einem Elternteil zugeordnet werden (Abs. 2 Satz 2). Eine gemeinsame Erziehung durch die Eltern kann grundsätzlich unterstellt werden, wenn und soweit beide Elternteile während der nach Abs. 5 Satz 1 zu bestimmenden Primär-Kindererziehungszeit mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft leben. In diesen Fällen können die Eltern nach Abs. 2 Satz 3 – unabhängig vom tatsächlichen Umfang des Erziehungsaufwands des jeweiligen Elternteils – durch übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zugeordnet werden soll; die Zuordnung kann für jedes Kind separat abgegeben und auf einen Teil der Kindererziehungszeit beschränkt werden (Abs. 2 Satz 4). Auch die wiederholte Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung zur Zuordnung der Kindererziehungszeit zu einem Elternteil ist für Zeiten einer laufenden Primär-Kindererziehungszeit zulässig. Die Eltern haben somit kraft Gesetzes grundsätzlich die Möglichkeit, die für ihre Kinder anzuerkennenden Kindererziehungszeiten beliebig untereinander aufzuteilen.
2.3.2.1 Gemeinsame Erziehung mit übereinstimmender Erklärung zur Zuordnung
Rz. 10
Die übereinstimmende Erklärung der Eltern zur Zuordnung von Kindererziehungszeiten kann nach Abs. 2 Satz 5 grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate abgegeben werden; eine Rückwirkung der Erklärung ist max. für bis zu 2 Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung zulässig, es sei denn, bei einem Elternteil ist bereits unter Berücksichtigung dieser Kalendermonate eine Leistung bindend festgestellt oder ein Versorgungsausgleich oder ein Rentensplitting durchgeführt worden (Abs. 2 Satz 6). Die übereinstimmende Erklärung ist eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung und damit erst wirksam, wenn sie bei einem Rentenversicherungsträger, einer Gemeinde, einem sonstigen Leistungsträger i. S. v. §§ 18 bis 22, 24 bis 29 SGB I oder bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland (Botschaften, Konsulate) eingegangen ist (Abs. 2 Satz 7, § 16 Abs. 1 SGB I). Als Zeit...