2.2.1 Grundsätze der Höchstbewertung (Satz 3 HS 1)
Rz. 19
Die zuvor genannten Zeiten (berufliche Ausbildung, Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, Fachschulbesuch) können nach Satz 3 nur für insgesamt höchstens 3 (= 36 Kalendermonate) Jahre bewertet werden; sog. Höchstdauerbegrenzungsregelung (vgl. zum Begriff BSG, Urteil v. 12.12.2011, B 13 R 3/10 R, Rz. 16).
Rz. 20
Diese Zeiten werden nach Satz 3 HS 1 i. S. einer Höchstbegrenzung lediglich insgesamt für höchstens 3 Jahre bewertet. Im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung ist die Zeit einer mit Unterhaltsgeld geförderten Fachschulausbildung, die als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet wird, in die Höchstdauer von 3 Jahren für die Bewertung nichtakademischer Ausbildungen einzubeziehen (BSG, Urteil v. 12.12.2011, B 13 R 3/10 R); dies widerspricht auch nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BSG, Urteil v. 12.12.2011, B 13 R 3/10 R, Rz. 29; vgl. zu einer gleichgelagerten Fallkonstellation auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 11.1.2018, L 3 R 347/17).
2.2.2 Vorrang von Fachschulausbildung und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (Satz 3 HS 2)
Rz. 21
Dabei ordnet Satz 3 HS 2 an, dass vorrangig die beitragsfreien Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bewertet werden; Vorrangsverhältnis.
Rz. 22
Der Begriff "insgesamt" bedeutet daher unter Berücksichtigung dieses Vorrangsverhältnisses, dass bei Überschreiten des Zeitraumes von 3 Jahren Fachschulzeiten bzw. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen Vorrang gegenüber Berufsausbildungszeiten haben. Sie werden von § 74 Satz 3 daher nur erfasst, wenn der zeitliche Rahmen von 3 Jahren noch nicht ausgeschöpft ist (Satz 3 HS 2). Ob die Berufsausbildung vor oder nach einer der vorrangigen Ausbildungen liegt, ist unerheblich (vgl. hierzu auch BSG, Urteil v. 12.12.2011, B 13 R 3/10 R; zur Auffüllung eines nicht ausgeschöpften 36-monatigen Zeitraums vgl. auch GRA der DRV zu § 74 SGB VI, Stand: 1.3.2018, Anm. 2.1). Bei der Festlegung der noch nicht verbrauchten Monate ist § 122 Abs. 3 zu berücksichtigten. Sind Zeiten bis zu einer Höchstdauer zu berücksichtigen, werden die am weitesten zurückliegenden Kalendermonate zunächst berücksichtigt (vgl. hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.8.2022, L 16 R 85/21; mit Anm. von: Schweitzer, NZS 2023, S. 231).
2.2.3 Vorrang für beitragsfreie Zeiten der Fachschulausbildung und der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
Rz. 23
Soweit mit dem EM-Leistungsverbesserungsgesetz v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2509) das Wort "beitragsfreien" eingefügt wurde, steht diese Änderung im direkten Zusammenhang mit der ebenfalls durch das EM-Leistungsverbesserungsgesetz vorgenommenen Änderung des § 58 Abs. 1 Satz 3 (vgl. BT-Drs. 18/11926 S. 19, 20). Nachdem ursprünglich in § 58 Abs. 3 Satz 3 geregelt war, dass ein die Versicherungspflicht begründender Sozialleistungsbezug nach Vollendung des 25. Lebensjahres generell der Annahme einer Anrechnungszeit entgegenstand, wurde diese Wirkung durch das EM-Leistungsverbesserungsgesetz nunmehr beschränkt auf die Fälle des Satzes 1 Nr. 1 (Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Krankheit) und Nr. 3 (Bezug von Arbeitslosengeld II); ausdrücklich nicht mehr erfasst war Nr. 4 (Zeiten einer schulischen Ausbildung). Durch die Änderung wurde sichergestellt, dass sich der Ausschluss von Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 3 nur auf diejenigen Anrechnungszeittatbestände bezieht, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem versicherungspflichtigen Sozialleistungsbezug stehen. Der Gesetzgeber hat damit klarstellend auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, das geurteilt hatte, dass Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung nicht solche Zeiten sind, in denen wegen des zeitgleichen Bezugs von Übergangsgeld Versicherungspflicht bestand, wenn die Fachschulausbildung alleiniger Inhalt einer berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme gewesen ist, für die der Rehabilitationsträger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat (BSG, Urteil v. 19.4.2011, B 13 R 79/09 R). Mit der Einfügung des Wortes "beitragsfrei" in § 74 Satz 3 wird nunmehr sichergestellt, dass auf die Höchstdauer von 3 Jahren vorrangig Zeiten der Fachschulausbildung und Zeiten der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angerechnet werden, die jeweils beitragsfrei sind. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 neben einem versicherungspflichtigen Sozialleistungsbezug (z. B. Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung) wird somit ausgeschlossen, dass anfängliche Zeiten einer tatsächlichen Berufsausbildung im Berufsleben keinen oder nur einen sehr geringen Zuschlag an Entgeltpunkten erhalten (so die ausdrückliche gesetzgeberische Erwägung; BT-Drs. 18/11926 S. 19, 20; vgl. auch GRA der DRV zu § 74 SGB VI, Stand: 1.3.2018, Historie).
2.2.4 Koordinierende Verdrängungsregelungen bei der Gesamtleistungsbewertung
Rz. 23a
Zur Frage, ob die nach innerstaatlichem Rentenversicherungsrecht vorzunehmende begrenzte Gesamtleistungsbewertung nach § 74 Satz 1 bis 3 unter der Anwendung koordinierender Verdrängungsregelungen innerhalb der innerstaatlichen und der zwischenstaatlichen Vergleichsrente identisch durchzuführen ist oder ob nach A...